50’000 Fr. Einkommen: Miet-Hölle Samedan – «teure Mieten sind nicht abschreckend»

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50’000 Fr. EinkommenMiet-Hölle Samedan – «teure Mieten sind nicht abschreckend»

Verdienst du etwa 50’000 Franken pro Jahr? Dann sprichst du hoffentlich Französisch, denn in der Waadtländer Gemeinde Fontaines-sur-Grandson kannst du besonders viel sparen. Wohnst du hingegen in Samedan im Kanton Graubünden, bleibt dir nur sehr wenig Geld übrig. 

Darum gehts

  • In welcher Gemeinde Singles am meisten sparen können, ermittelte das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) für 20 Minuten.

  • Diese Werte betreffen dich, wenn du etwa 50’000 Franken pro Jahr verdienst.

  • In Fontaines-sur-Grandson (VD) kannst du am meisten Geld sparen.

  • Lebst du in Samedan (GR), hast du am wenigsten Geld für persönliche Auslagen.

  • Einwohner und Gemeindepräsidenten der drei Top- und Flop-Gemeinden erzählen, wie es sich in ihrer Gemeinde lebt.

  • Liegt dein Bruttojahreslohn bei 80’000 Franken, solltest du diesen Artikel lesen, bei einem Verdienst von 130’000 Franken oder einer Million findest du am Dienstag die entsprechenden Informationen.  

Fontaines-sur-Grandson (VD), Mauborget (VD), Tévenon (VD), Samedan (GR), Cologny (GE) und Bever (GR) stechen bei Singles mit einem Bruttojahreslohn von etwa 50’000 Franken besonders heraus. Lebst du in der Waadtländer Gemeinde Fontaines-sur-Grandson, bleiben nach Abzug von Miete, Abgaben und Steuern jedes Jahr fast 29’000 Franken übrig. In Samedan im Kanton Graubünden musst du hingegen mit kümmerlichen 7000 Franken auskommen. Das hat das Wissenschaftlerteam um Przemyslaw Brandt vom Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) berechnet. 

Top 1: Fontaines-sur-Grandson (VD)

In Fluss- und Seenähe, idyllisch und der ideale Wohnort für alle Sparfüchse: Im 200-Seelen-Dorf Fontaines-sur-Grandson bezahlen Singles mit einem Bruttojahreslohn von 50’000 Franken jedes Jahr im Schnitt nur 8517 Franken Miete und 4605 Franken Steuern. Somit können Singlehaushalte jährlich 22’000 Franken mehr sparen als in der teuren Bündner Gemeinde Samedan.

Die Top-Platzierung überrascht den Gemeindepräsidenten Xavier Boesiger. Tiefe Kosten seien ein hartes Stück Arbeit: «Für kleinere Gemeinden ist es besonders schwierig, das Budget einzuhalten. Ich kämpfe darum, dass die Steuern nicht erhöht werden. Das würde sich negativ auf die Kaufkraft der Leute auswirken.» Zudem mache die Gemeinde viel, um auch in nicht-monetären Bereichen attraktiv zu sein. «Wir versuchen, das Dorf zu beleben. Es gibt beispielsweise ein Pétanque-Turnier und ein Abendessen für alle Einwohnerinnen und Einwohner Ende Jahr.» 

Top und Flop: Das sagen Gemeindepräsidenten und Einheimische zu den Steuer- und Mietkosten. 

20min/Janina Schenker

Top 2: Mauborget (VD)

Obschon der Ortsname von mauvais (schlecht) und borget (kleiner Ort/Flecken) abgeleitet wird, ist ein Leben im 140-Seelen-Dorf gar nicht mal so übel – zumindest in finanzieller Hinsicht. Jährlich bleiben gerade einmal 20 Franken weniger übrig als in Fontaines-sur-Grandson, das südlich nur zehn Autominuten entfernt liegt. «Das ist eine schöne Quote», sagt Gemeindepräsident Claude Roulet. «Wir haben ziemlich viele Zweitwohnsitze. Unternehmen oder Privatpersonen bauen nebenan ein kleines Haus oder ein Chalet. Dadurch entstand mehr Wohnraum.»

Roulet, seit 48 Jahren bei der Gemeinde angestellt, schwärmt von der Lage. «Mauborget ist eines der schönsten Dörfer im Waadtländer Jura, ja sogar das schönste Dorf.» Mit 1200 Meter über dem Meer ist Mauborget die höchstgelegene Gemeinde im Schweizer Jura. Dank der Aussicht auf den Neuenburgersee und das Alpenpanorama hat sich das Dorf zu einem Erholungs- und Ferienort mit einigen Ferienhäusern entwickelt. Im Winter kann das Alpenpanorama auch von einer etwa 400 Meter langen Skipiste bestaunt werden.

Top 3: Tévenon (VD)

Nur 4654 Franken Steuern zahlt ein Single in der Waadtländer Gemeinde Tévenon durchschnittlich. «Unsere Steuern sind gar nicht so tief», dementiert Gemeindepräsidentin Aude Forand. «Etwa 40 Gemeinden in der Region haben noch niedrigere Steuersätze als wir.» Die gute Platzierung verdankt die ländliche Gemeinde vor allem den niedrigen Mietkosten. Mit 8517 Franken jährlich sind sie nämlich genau gleich niedrig wie in Fontaines-sur-Grandson und Mauborget. Dafür müsse man bei der Mobilität einen Kompromiss machen. «Tévenon liegt ausserhalb des Ballungsraums. Es gibt nicht viele Busse und man ist auf ein Auto angewiesen.

Tévenon grenzt im Südwesten an die Top-1-Gemeinde Fontaines-sur-Grandson und im Westen an die ebenfalls günstigere Gemeinde Mauborget. Die Gemeinde fusionierte 2011 mit den Dörfern Fontanezier, Romairon, Vaugondry und Villars-Burquin und zählt heute etwa 900 Einwohnerinnen und Einwohner.

Wie zufrieden bist du mit deinen Ersparnissen? 

Flop 1: Samedan (GR)

Geringverdienende in Samedan könnten schnell ins finanzielle Abseits geraten: Bei einem Jahreslohn von 50’000 Franken gehen durchschnittlich 33’000 Franken für die Miete weg. Das ist der vierfache Betrag der Mietkosten in der Top-1-Gemeinde Fontaines-sur-Grandson.
«Teure Mieten sind für die Leute aber keinesfalls abschreckend», sagt Gemeindepräsident Gian Peter Niggli. «Es gibt viele Gegenleistungen wie Sport, schnelles Internet, viele Einkaufsmöglichkeiten und das Leben in einer intakten Natur. Das hat natürlich seinen Preis.»

Da viele junge Leute für Ausbildungen und Studiengänge nach St. Moritz kämen, habe die Gemeinde ein Angebot mit günstigeren Wohnungen für alle Personen unter 25 Jahren lanciert.
So fand Beatrice ein Studio für nur 925 Franken inklusive Garagenplatz.
«Es ist weniger laut als in St. Moritz und es gefällt mir sehr gut zu leben, auch wenn ich die vielen Sportmöglichkeiten nicht nutze», erzählt die 23-Jährige.

Flop 2: Cologny (GE)

Direkt am linken Genferseeufer, Hauptsitz des Weltwirtschaftsforums und eine der wohlhabendsten Gemeinden der Schweiz. «Wer einmal in Cologny gewohnt hat, dem würde es im Herzen weh tun, woanders hinzuzuziehen», sagt Gemeindepräsidentin Catherine Pahnke. Einwohnerinnen und Einwohner hätten eine gute Lebensqualität und würden von kulturellen Subventionen und Kindertagesstätten profitieren.

Doch das hat seinen Preis: Laut dem Swiss Taxometer bezahlt ein Single mit einem Einkommen von 50’000 Franken etwa 30’000 Franken Miete pro Jahr. «Es gibt nur sehr wenige Leute in der Gemeinde mit solch einem niedrigen Einkommen. Leute mit geringem bis durchschnittlichen Einkommen profitieren von staatlich subventionierten Wohnungen.» Die Mieten sind laut Pahnke so teuer, da der Preis für Bauland ebenfalls sehr hoch ist. Tamara hatte Glück: Sie bezahlt für ihre 4-Zimmer-Wohnung monatlich 2000 Franken. «In Cologny eine gute Wohnung zu finden, ist aber sehr schwierig», so die 34-Jährige.

Flop 3: Bever (GR)

Wie in der teuren Gemeinde Samedan bezahlen Singles auch in Bever, in der Region Maloja, rund 33’000 Franken Miete. Die Steuern sind aber etwa 200 Franken günstiger, wodurch die Gemeinde auf den dritten Platz heruntergerutscht ist. «Bever liegt in einem Tourismusgebiet. Der Druck auf Wohnraum ist wahnsinnig gross», sagt Gemeindeverwalter Renato Roffler.

1983 beschränkte Bever als erste Gemeinde in Graubünden den Zweitwohnungsbau auf 50 Prozent. Dieses Gesetz erregte schweizweit mediale Aufmerksamkeit.
«Für Einheimische gibt es Wohnbaugenossenschaften, die günstiger sind. Wenn man natürlich eine topmoderne Ferienwohnung mietet, ist das dementsprechend in einem anderen Preisrahmen», so Roffler.

Serie Swiss Taxometer

In einer Serie über mehrere Monate beleuchtet 20 Minuten, welche Wohnorte finanziell besonders attraktiv sind und welche weniger. Ein exklusiver Vergleich aller 2136 Gemeinden zeigt gewaltige Unterschiede. Alle bereits publizierten Artikel findest du hier:

Singles

Verheiratete Paare

So kannst du Geld sparen

  • Vergleiche die Mietkosten und Steuern mithilfe der interaktiven Grafik (oben im Artikel).

  • Willst du nicht gleich in die Romandie ziehen, sondern in deiner Region bleiben? Dann vergleiche die Kosten deiner umliegenden Gemeinden.

  • Erkundige dich, ob in deiner Wunschgemeinde Wohnbaugenossenschaften zur Verfügung stehen.

  • Bist du jünger als 25 Jahre? Einige Gemeinden wie Samedan haben günstigere Angebote für junge Personen. Erkundige dich bei der Gemeinde.

  • Nimm dir Zeit für deine Steuererklärung und überprüfe, dass du alle möglichen Kosten abziehst.

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