80’000 Fr. Einkommen: Günstigste Gemeinde – «kann mir nicht vorstellen, von Auenstein wegzuziehen»

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80’000 Fr. EinkommenGünstigste Gemeinde – «kann mir nicht vorstellen, von Auenstein wegzuziehen»

Verdienst du etwa 80’000 Franken pro Jahr und bist Single? Dann könnte sich ein Umzug nach Auenstein im Kanton Aargau lohnen. Besonders Pech hast du, wenn du hingegen in der Bündner Gemeinde Samedan wohnst. 

Darum gehts 

  • In welcher Gemeinde Singles am meisten sparen können, ermittelte das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) für 20 Minuten.

  • Diese Werte betreffen dich, wenn du jährlich 80’000 Franken verdienst. 

  • In Auenstein (AG) steht dir am meisten Geld zur Verfügung. 

  • Lebst du in Samedan (GR), hast du am wenigsten Geld für persönliche Auslagen. 

  • Einwohner und Gemeindepräsidenten der drei Top- und Flop-Gemeinden erzählen, was ihre Gemeinde ausmacht. 

  • Liegt dein Brutojahreslohn bei 50’000 Franken, solltest du diesen Artikel lesen, bei einem Verdienst von 130’000 Franken oder einer Million findest du am Dienstag die entsprechenden Informationen.

Auenstein (AG), Thalheim (AG), Ebnat-Kappel (SG), Samedan (GR), Bever (GR) und Silvaplana (GR) stechen im Vergleich zu allen 2136 Schweizer Gemeinden besonders heraus. Verdienst du rund 80’000 Franken pro Jahr, bist Single und lebst in der Aargauer Gemeinde Auenstein, bleiben dir nach Abzug von Miete, Abgaben und Steuern jedes Jahr fast 47’000 Franken übrig. In Samedan im Kanton Graubünden musst du hingegen mit gut der Hälfte, etwa 25’000 Franken, auskommen. Das hat das Wissenschaftlerteam um Przemyslaw Brandt vom Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) berechnet.

Top 1: Auenstein (AG)

Eingebettet zwischen dem nördlichen Ufer der Aare und dem Südhang der Gislifluh, Teil des Naturparks Aargau und eine bewaldete Insel: Auenstein, im Bezirk Brugg, ist nicht nur ein gut gelegenes Naturparadies, sondern auch noch sehr günstig. Singles mit einem Einkommen von 80’000 Franken pro Jahr, bezahlen hier durchschnittlich 15’000 Franken Miete und 8900 Franken Steuern. Singlehaushalte unter den rund 1700 Einwohner dürfte das freuen: Im Vergleich zur teuersten Gemeinde Samedan können sie jedes Jahr 22’000 Franken sparen. Einer davon ist Cyril (24): «Grundsätzlich kann ich mir nicht vorstellen, von Auenstein wegzuziehen. Man kennt sich, es ist extrem ruhig und schön.» 

«Wir sind stolz darauf, dass wir in der ganzen Schweiz auf Platz eins sind», freut sich Reto Porta, Gemeindeammann von Auenstein (AG). Laut Porta ist der Steuerfuss so attraktiv, weil seine Vorgänger sehr sparsam mit Steuergeldern umgegangen sind. Immobilienspekulationen gäbe es kaum.

Top und Flop: Das sagen Gemeindepräsidenten und Einheimische zu den Steuer- und Mietkosten. 

20min/Janina Schenker

Top 2: Thalheim (AG)

Ähnlich niedrig sind Steuern und Mieten in Auensteins Nachbargemeinde: Bist du Single und wohnst im 919-Seelen-Dorf Thalheim, kannst du im Vergleich zur Topgemeinde Auenstein jedes Jahr nur elf Franken weniger zur Seite legen. Die Top-2-Gemeinde besticht neben dem Sparpotential mit einer Sehenswürdigkeit: Die Ruine Schenkenberg liegt etwa 30 Minuten zu Fuss vom Dorfzentrum entfernt und ist heute die grösste Burgruine des Kantons Aargau. Die Aussicht von der Ruine auf das Dorf können Einwohnerinnen und Einwohner sogar mit einen Glas lokalem Wein geniessen. Die Hänge Thalheims sind nämlich mit vier Hektaren Reben der hochwertigen Rotweinsorte Blauburgunder bestockt. Früher bildete der Weinbau sogar die Lebensgrundlage des Dorfes. 

Auch wenn Einwohner in Thalheim besonders viel sparen können, findet Gemeindeammann Roland Frauchiger-Weber andere Werte relevanter: «Uns ist wichtig, eine gute Dorfgemeinschaft zu haben. Das Geld ist nebensächlich», so Frauchiger-Weber. Als oberstes Dorf im Tal seien die Wohnkosten etwas günstiger als in anderen Gemeinden. Einwohnerin Urte Heuberger schwärmt dennoch mehr von den geringen Kosten: «Da wo andere stöhnen, können wir immer noch sagen, bei uns ist alles gut».

Top 3: Ebnat-Kappel (SG)

Wer günstigen Wohnraum sucht, sollte nach Ebnat-Kappel im Toggenburg ziehen. In der Gemeinde mit rund 5000 Einwohnern bezahlen Singles nur etwa 1120 Franken Miete pro Monat. Das ist noch weniger als in Auenstein und Thalheim. Nikita Gämperli (25) kann diesen Betrag sogar noch toppen. Er bezahlt für seine sechseinhalb Zimmer-Wohnung gerade einmal 1000 Franken. «In Zürich bezahlte ich das Doppelte für eine Wohnung, die nur halb so gross war wie meine aktuelle», so der gelernte Koch. Einige der Gebäude Ebnat-Kappels gelten als Kulturgüter und stehen bei bewaffneten Konflikten unter Schutz. Dazu zählen unter anderem das Museum Ackerhus, das Haus Felsenstein und die Reformierte Kirche Ebnat. 

Da die Steuern etwas höher sind als in den Topgemeinden Auenstein und Thalheim, fällt Ebnat-Kappel dennoch auf Platz drei runter. Jährlich bleiben Singles 152 Franken weniger übrig als in der Siegergemeinde Auenstein, berechnet der Swiss Taxometer vom IWP. «Früher liessen sich in Ebnat-Kappel viele grosse Firmen nieder. Darum schuf man viel Wohnraum. Das grosse Angebot wirkt sich bis heute auf sehr tiefe Wohnungsmieten aus», begründet Gemeindepräsident Jon Fadri Huder die unterirdisch tiefen Preise. Tatsächlich sind in Ebnat-Kappel auf Immoscout weit mehr Mietwohnungen ausgeschrieben als in Auenstein und Thalheim zusammen. 

Wie zufrieden bist du mit deinen Ersparnissen? 

Flop 1: Samedan (GR)

Wer in die Bündner Gemeinde Samedan zieht, muss sich auf horrende Mieten gefasst machen: Im Vergleich zur Topgemeinde Auenstein bezahlen hier Singles mehr als doppelt so viel fürs Wohnen. «Das Engadin ist generell ein teures Pflaster», erklärt Gemeindepräsident Gian Peter Niggli und schwärmt dafür vom breiten Freizeit- und Sportangebot. «Einwohner können im Frühling, Sommer und Herbst biken oder Marathon laufen und im Winter Ski fahren oder langlaufen und das alles umgeben von frischer Bergluft.»

Da Samedan ein Bildungsort sei und viele junge Leute anziehe, habe die Gemeinde ein Angebot mit günstigeren Wohnungen für alle Personen unter 25 Jahren lanciert. Davon profitiert auch Selin Rodigari. «Leider kann ich das Angebot nur noch zwei Jahre nutzen. Aber ich will in Samedan bleiben, da ich hier aufgewachsen bin, hier arbeite und mich sehr wohl fühle», so die 23-Jährige.

Flop 2: Bever (GR)

Schmerzhaft hoch sind die Wohnkosten auch in Bever. Wie in Samedan bezahlen Singlehaushalte im 600-Seelen-Dorf jeden Monat durchschnittlich über 3100 Franken. «Bever liegt in einem Tourismusgebiet. Der Druck auf Wohnraum ist wahnsinnig gross. Wir haben seit 2012 ein neues Gesetz, welches den Zweitwohnungsbau einschränkt», sagt Gemeindeverwalter Renato Roffler. Allein durch die Lage in den Alpen seien die Kosten für die Isolierung höher und es gebe nur wenige Bauzonen.

«In den Gemeinden Zernez, Bivio oder Poschiavo gibt es teils etwas mehr freien oder günstigeren Wohnraum. Daher ziehen viele Leute in eine Gemeinde in der Nähe und pendeln nach Bever», so Roffler.  20 Minuten konnte in Bever keine Singleperson mit einem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen von 80’000 Franken finden. Dabei wäre Bever mit seiner Biodiversität ein wahres Wohnparadies: Der revitalisierte Inn sprudelt durch die Auenwälder, in Innauen können Fischotter und Biber beobachtet werden und es blühen neun verschiedene Enzianarten.

Flop 3: Silvaplana (GR)

Singles der rund 1100 Einwohner in Silvaplana müssen wegen der hohen Mietkosten ebenfalls tief in die Tasche greifen. Daher hat die Gemeinde gehandelt. «Für die Einheimischen gibt es in Silvaplana Wohnbaugenossenschaften, in denen man preisgünstig wohnen kann», sagt Gemeindepräsident Daniel Bosshard zu den hohen Mietkosten. Das bestätigt die Einheimische Deborah Gröbli. Doch das reiche nicht für alle Einwohnerinnen und Einwohner. «Es ist allgemein schwierig, gute Wohnungen zu finden. Das Problem ist nicht nur der Preis, sondern auch die Wohnungsknappheit», erzählt die 31-Jährige. 

Dennoch sieht Deborah Silvaplana als Naturparadies. Sie habe auch einmal in Zürich gelebt, doch dann gemerkt, dass ihr das Stadtleben nicht entspreche. Daher sei sie nach Silvaplana zurückgekehrt und nehme die hohen Mietkosten halt in Kauf. Silvaplana zieht vor allem Naturfans und Sportliebhaber an. Der Silvaplanersee zählt dank des kräftigen Molajawindes sogar zu den besten Revieren für Surfer in Europa.

Serie Swiss Taxometer

In einer Serie über mehrere Monate beleuchtet 20 Minuten, welche Wohnorte finanziell besonders attraktiv sind und welche weniger. Ein exklusiver Vergleich aller 2136 Gemeinden zeigt gewaltige Unterschiede. Alle bereits publizierten Artikel findest du hier:

Singles

Verheiratete Paare

So kannst du Geld sparen

  • Vergleiche die Mietkosten und Steuern mithilfe der interaktiven Grafik (oben im Artikel).

  • Willst du nicht gleich in den Aargau ziehen, sondern in deiner Region bleiben? Dann vergleiche die Kosten der umliegenden Gemeinden. 

  • Erkundige dich, ob in deiner Wunschgemeinde Wohnbaugenossenschaften zur Verfügung stehen.

  • Bist du jünger als 25 Jahre? Einige Gemeinden wie Samedan haben günstigere Angebote für junge Personen. Erkundige dich bei der Gemeinde.  

  • Nimm dir Zeit für die Steuererklärung und überprüfe, dass du alle möglichen Kosten abziehst.   

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