Zürich: Julia will mehr Repräsentation in der Oldtimer-Szene

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Oldtimer-Fahrerin Julia«Das Vorurteil, dass junge Frauen nur Beifahrerinnen sind, nervt»

Julia (24) ging schon als Kind mit ihrem Vater an Oldtimer-Rennen. Heute fährt sie ihren eigenen. An den Treffen sei sie als eine der einzigen jungen Frauen stets aufgefallen. Das möchte die Zürcherin nun ändern.

Darum gehts

  • Im Sommer ist Julia mit ihrem MGB GT überall unterwegs und fällt damit auf.

  • Neue Autos haben laut der Zürcherin «keinen Charme», im Winter ist sie daher im ÖV vorzufinden.

  • Die 24-Jährige hat eine Online-Community für autobegeisterte Frauen gegründet, um sich mit anderen Liebhaberinnen von Oldtimern zu vernetzen und Vorurteile zu bekämpfen.

Während der Woche arbeitet sie als Lehrerin, in ihrer Freizeit fällt sie auf der Strasse auf: Julia Gut (24) freut sich auf den Sommer. Der Hauptgrund: «Dann kann ich endlich wieder meinen Oldtimer aus der Garage holen.» Im Winterhalbjahr sei ihr MGB GT aus dem Jahr 1967 in der Garage gestanden. «Wenn es jetzt aber wieder warm wird, bin ich damit überall unterwegs. Ich gehe mit dem MG einkaufen, fahre zu Freundinnen oder zu Terminen. Er ist mein ständiger Begleiter

Julia ist im Sommer mit ihrem Oldtimer überall unterwegs.

Julia ist im Sommer mit ihrem Oldtimer überall unterwegs.

20min/Michael Scherrer

Die Liebe zu alten Autos hat Julia von ihrem Vater. «Schon als kleines Mädchen habe ich ihm dabei zugesehen, wie er in der Garage an Autos herumschraubte, und begleitete ihn an mehrere Rennen.» Für die Zürcherin immer ein tolles Erlebnis. Doch: Schon als Jugendliche sei ihr aufgefallen: «An den Treffen waren jeweils fast nur alte Männer vertreten.»

Auch später habe sie sich nie richtig zugehörig gefühlt. «Als junge Frau wurde ich immer mal wieder gefragt, ob ich als Beifahrerin da sei. Das ging mir so auf die Nerven.» In der Oldtimer-Szene treffe sie bis heute kaum auf Frauen. Das will Julia nun ändern.

«Ich will Frauen, die Oldtimer lieben, zusammenbringen»

Die 24-Jährige hat auf Social Media eine Plattform für autobegeisterte Frauen lanciert. «Mit ‹Race like her› will ich Frauen, die die Liebe zu Oldtimern teilen, zusammenbringen.» Innert kurzer Zeit hätten sich gleich mehrere bei Julia gemeldet. «Ich habe so solch coole Leute kennengelernt.» Im gemeinsamen Gruppenchat seien inzwischen zwanzig Frauen zwischen 18 und 26 Jahren. «Wir tauschen uns über unsere Autos aus. Künftig wollen wir uns mindestens einmal im Monat für eine Ausfahrt treffen.»

Das erste solche Treffen fand Mitte April statt. In Zürich haben sich sieben Frauen mit ihren Oldtimern getroffen. «Es war so schön», erzählt Julia. «Wir haben stundenlang gequatscht und es fühlte sich an, als ob wir uns schon ewig kennen.» Die gemeinsame Leidenschaft zu alten Autos habe die Gruppe sehr verbunden.

Vorurteile und Youtube-Videos

Neben der Freude an schönen Autos teilen die jungen Frauen, so Julia, eine weitere Erfahrung: Sie seien immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert. «Zum einen wird man als Frau in dieser Szene etwas belächelt. Viele denken, dass man keine Ahnung von Autos hat. Zum anderen glauben die Leute, dass man Unmengen an Geld braucht, um einen Oldtimer zu fahren.» Dem sei aber nicht so: «Klar, die Autos sind nicht günstig, vor allem im Unterhalt. Aber was es vor allem braucht, ist Begeisterung und Know-how.»

Julia fährt einen Oldtimer und hat einen Oldtimer-Club für Frauen gegründet.

Julia fährt einen Oldtimer und hat einen Oldtimer-Club für Frauen gegründet.

20min/Michael Scherrer

Dieses habe sich die Zürcherin selbst angeeignet. Seit einer Weile repariere sie «fast alles» an ihrem Auto selbst. «Einiges hat mir mein Vater beigebracht, anderes habe ich mithilfe von Youtube-Videos oder Freunden gelernt.» Das sei auch notwendig gewesen: «Wenn man das Auto wegen jedes kleinen Defekts zum Mech bringen muss, ja, dann lässt man viel Geld liegen. Selber rumzuhantieren macht aber sowieso mehr Spass.» Einen grossen Teil ihres Geldes investiere Julia dennoch in ihr Hobby: «Ich decke meine Fixkosten. Der Rest geht in mein Auto.»

Hast du ein Traumauto?

«Neue Autos haben für mich keinen Charme»

Julias MG ist vor rund fünf Jahren, wie sie sagt, «mit viel Glück» an sie gelangt. «Freunde meiner Eltern haben den Oldtimer mit Pflanzen durchwachsen und nicht mehr funktionstüchtig gefunden.» So wurde das Auto zum Projekt ihres Vaters: Er habe das Fahrzeug während Stunden wieder zum Fahren gebracht und die damals 19-Jährige damit zum Schluss überrascht.

Ein weiteres Auto möchte sich die Zürcherin derzeit nicht zutun – auch keines für den Winter. «Neue Autos haben für mich keinen Charme. Dann bin ich lieber mit dem ÖV unterwegs.» Dennoch: Ein Traumauto hat die 24-Jährige. «Ich durfte kürzlich den Porsche 930 Turbo fahren. Es war so toll. So einen zu besitzen, wäre ein Traum.» Dieser lasse derzeit aber noch auf sich warten.

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