2000 Franken für ein Zimmer: Wucherangebote bei Untermiete boomen

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Wohnungsnot2000 Franken für ein Zimmer: Wucherangebote bei Untermiete boomen

Ein News-Scout bezahlte für ein einziges Zimmer in Opfikon (ZH) knapp 2000 Franken im Monat. Wucherpreise bei der Untermiete kommen laut Mieterverband immer wieder vor – und die Wohnungsknappheit verschärfe das Problem.

Darum gehts

  • In Zürich sind bezahlbare Wohnungen rar – und oft überteuert. Ein News-Scout bezahlte für ein einziges Zimmer in Opfikon (ZH) knapp 2000 Franken im Monat.

  • Der Hauptmieter soll die Wohnung überteuert untervermietet haben, was zu finanziellen Schwierigkeiten und schliesslich zu Patricks Betreibung führte.

  • Der Mieterverband Schweiz sieht in der Praxis der überteuerten Untervermietung ein verbreitetes Problem in der Schweiz. Es gebe aber Möglichkeiten, sich gegen Wuchermieten zu wehren.

Wer in Zürich auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung ist, braucht Glück. Und das nicht erst seit gestern. Der Zürcher Patrick* war im Jahr 2020 mit seiner damaligen Freundin auf Wohnungssuche. Der Druck nach einem Dach über dem Kopf wurde immer grösser. In Opfikon fanden die beiden ein WG-Zimmer in einer 4,5-Zimmerwohnung zur Untermiete. Die Wohnung teilten sie sich mit zwei weiteren Personen. Unter anderem mit dem Hauptmieter. Kostenpunkt: 1600 Franken. Ohne Nebenkosten.

«Es fühlte sich an, als hätten wir uns bei der italienischen Mafia eingemietet.»

Patrick, Untermieter

Doch das Wohnungsglück währte nicht lange. «Es fühlte sich an, als hätten wir uns bei der italienischen Mafia eingemietet», erzählt Patrick heute. Nebst der Miete seien monatlich noch 400 Franken Nebenkosten hinzugekommen. «Wir bezahlten also für ein einziges Zimmer zu zweit rund 2000 Franken monatlich.» Patrick war zu dieser Zeit in der Gastronomiebranche angestellt. «Das Geld wurde knapp.»

Für Patrick ist klar, dass die Rechnung seines ehemaligen Mitbewohners nicht korrekt sein kann: «Wenn drei Parteien 1600 Franken zahlten, hätte die Miete gesamthaft 4800 Franken gekostet. Ich bezweifle, dass die Wohnung so teuer war.» Einblick in den Mietvertrag wurde ihm bisher verweigert – auch von der Verwaltung. Aus Datenschutzgründen.

Mieter wurde bedroht – dann folgte Betreibung

Larissa Steiner, Rechtsberaterin des Mieterverbandes Schweiz, kann sich «kaum vorstellen», dass die Miete der Wohnung in Opfikon fast 5000 Franken betragen soll: «Es sei denn, es handelt sich um eine absolute Luxuswohnung. Wenn das nicht der Fall ist, wird die Wohnung vermutlich massiv überteuert untervermietet», so die Einschätzung der Rechtsberaterin. Die Bilder, die Patrick 20 Minuten vorliegen, zeigen einen schlichten Wohnblock, von Luxus keine Spur.

«Ich hatte Corona und musste das Haus verlassen, weil der Hauptmieter Besuch erwartete.»

Patrick, Untermieter

Der Zürcher kam in Zahlungsverzug und wurde vom Hauptmieter betrieben. «Er hat sogar meinen Arbeitgeber angerufen und mir mittels Sprachnotizen gedroht, mir etwas anzutun.» Laut eigenen Aussagen wurde er teilweise gar aus der Wohnung geekelt: «Ich hatte Corona und musste das Haus verlassen, weil der Hauptmieter Besuch erwartete.»

Ein Tiktoker zeigt, was für eine winzige Wohnung man sich in New York für USD 1200 pro Monat mieten kann.

Tiktok

Hauptmieter wollen Gewinne einfahren

Patrick und seiner Freundin sei bald bewusst geworden, dass sie sich auf einen schlechten Deal eingelassen hatten. «Wir brauchten aber unbedingt eine Wohnung. Nur deshalb haben wir so viel bezahlt», erzählt der heute 30-Jährige. Er geht davon aus, dass sich der Hauptmieter mit der Wuchermiete privat bereichern und steuerfreies Geld habe einnehmen wollen.

«Die Mieten generell sind völlig überrissen.»

Larissa Steiner, Co-Leiterin Rechtsberatung, MV Schweiz

Seine Situation ist kein Einzelfall, wie Steiner erklärt: «Leider gibt es immer wieder solche Fälle, in denen Hauptmieter einzelne Zimmer oder ganze Wohnungen untervermieten und sich dabei massiv bereichern.» Die Wohnungsnot begünstige solche Verhaltensweisen der Hauptmieterschaften: «Durch die Wohnungsnot finden sich immer Personen, die bereit sind, einen überrissenen Untermietzins zu bezahlen», so Steiner.

Larissa Steiner, Co-Leiterin Rechtsberatung, MV Schweiz

Larissa Steiner, Co-Leiterin Rechtsberatung, MV Schweiz

Privat

Das Problem beschränke sich zudem nicht auf die Untermiete und nicht nur auf grössere Städte wie beispielsweise Zürich: Generell seien mittlerweile in der Schweiz viele Mieten völlig überrissen. «Die Untermieten sind nicht das Hauptproblem», erklärt Steiner.

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«Bis zu 500 Prozent teurer, als die Hauptmiete»

Eigentlich sei die Untermiete gesetzlich so geregelt, dass die Hauptmieterschaft sich nicht wirtschaftlich bereichern dürfe. Nur wenn ein Zimmer oder die ganze Wohnung möbliert untervermietet werde, dürfe ein Aufschlag von maximal 15 bis 20 Prozent gemacht werden. Und: «Bei der Untervermietung eines einzelnen Zimmers gilt, dass der Preis für das Zimmer im Verhältnis stehen muss zur Grösse der gesamten Wohnung.»

Doch daran halten sich nicht alle: «Es sind uns jedoch Einzelfälle bekannt, wo die Untermiete für WG-Zimmer oder für ganze Wohnungen 300 Prozent und in einem Extremfall sogar 500 Prozent teurer waren, als die Hauptmiete.»

So können sich Mieter wehren

«Wenn ein Untermieter feststellt, dass sein Hauptmieter eine überrissene Miete von ihm verlangt, kann er sich dagegen bei der Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen wehren», erklärt Steiner. Dort könne beantragt werden, dass der Mietzins auf ein zulässiges Mass herabgesetzt wird.

Da die Drohungen immer noch nicht aufgehört haben, möchte Patrick nun gegen seinen ehemaligen Vermieter vorgehen und ist in Kontakt mit der damaligen Verwaltung und dem Rechtsdienst. «Ich konnte dem psychischen Druck nicht mehr standhalten.» Mittlerweile ist der 30-Jährige umgezogen und wohnt nun in Dietikon – in einer bezahlbaren Wohnung.

*Name geändert

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