Drohen, Druck, Deal? Fragen und Antworten zur Rafah-Offensive

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Hamas vs. IsraelDrohen, Druck, Deal? Fragen und Antworten zur Rafah-Offensive

In Israel sind die Vorbereitungen für eine Offensive in Rafah abgeschlossen. Gleichzeitig verhandelt man mit der Hamas über einen Geiseldeal. Ein Widerspruch? Antworten im Überblick.

Darum gehts

  • Israel schliesst die Vorbereitungen für eine Offensive in Rafah ab.

  • Gleichzeitig laufen Verhandlungen über einen Deal mit Hamas.

  • Mit einem begrenzten Abkommen sollen Geiseln freikommen.

  • Beide Seiten versuchen, die andere unter Druck zu setzen.

  • Die geplante Evakuierung von über einer Million Zivilisten aus Rafah stösst ausser in Israel überall auf Bedenken.

Nach einer wochenlangen Phase relativer Ruhe im Gazastreifen verdichten sich die Anzeichen, dass eine israelische Offensive auf die Stadt Rafah unmittelbar bevorsteht. Fragen und Antworten zu den neusten Entwicklungen.

Was spricht dafür?

Eine Offensive auf Rafah liegt bereits seit Monaten in der Luft. Gestern informierte die israelische Armeeführung die Regierung darüber, dass die Vorbereitungen für einen Militäreinsatz in Rafah abgeschlossen seien. Man warte nur noch auf das Go.

Wieso Rafah?

Dort soll der grosse Teil der 130 israelischen Geiseln gefangen sein. Auch sollen sich im äussersten Süden des Gazastreifens an der ägyptischen Grenze noch die letzten vier Hamas-Bataillone versteckt halten. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zufolge kann es ohne einen Angriff auf die Stadt keinen Sieg über die Hamas geben. Kritiker monieren dagegen, die Hamas könne militärisch nicht bekämpft werden.

Was ist genau geplant?

Es gibt «erstaunlich detaillierte Angaben» («Der Spiegel») zur Angriffsführung und zur Evakuierung der Zivilbevölkerung:

  • Mittlerweile plant Israel die Evakuierung in Koordination mit den USA, Ägypten und anderen arabischen Staaten durchzuführen.

  • Innert zwei bis drei Wochen sollen gut 1,5 Millionen Zivilisten in andere Gebiete im Gazastreifen gebracht werden, wo Zelte, Essensausgaben und medizinische Einrichtungen bereitgestellt werden sollen. Dann soll der Angriff auf Rafah erfolgen.

  • Das israelische Verteidigungsministerium hat 40’000 Zelte mit einer Kapazität von jeweils bis zu zwölf Personen bestellt. Auch Ägypten sei beim Bau von Zeltstädten in Mawasi im Südwesten Gazas involviert, berichtet das «Wall Street Journal».

  • Satellitenaufnahmen zeigen angeblich erst kürzlich errichtete Zeltlager im Gazas Südwesten und zwischen Rafah und Chan Junis.

  • Die israelische Armee hat Medienberichten zufolge zwei Brigaden von Reservisten mobilisiert, um über andere Kampfeinheiten für die Offensive gegen Rafah verfügen zu können.

  • Im Gegensatz zu Gaza-Stadt, das dem Erdbeben gleichgemacht wurde, soll in Rafah Block um Block vorgegangen werden. Israel will die Bewohner des Kampfgebiets offenbar jedes Mal über anstehende Militäraktionen informieren.

Was sind die Reaktionen auf Israels Plan?

Flucht: Aus Angst vor dem israelischen Angriff sind seit dem 7. April zwischen 150’000 und 200’000 palästinensische Zivilisten aus Rafah geflohen, schreibt die «Jerusalem Post» unter Berufung auf Armeeangaben.

Kritik: Unterstützung für Israels Plan gibt es durchs Band nicht. Die USA und Ägypten warnen vor «katastrophalen Konsequenzen» der anstehenden Bodenoperation. Die geplante Evakuierung von über einer Million Menschen in wenigen Wochen sei unrealistisch, sagt auch Georgios Petropoulos von der UNO-Nothilfekoordination in Gaza. NGOs bräuchten mehr Zeit, um Vorräte anzulegen. Auch seien die Zeltlager, wie sie bisher zu sehen sind, keineswegs ausreichend: «Solch riesige Menschenmassen bräuchten riesige Gebiete, die vorher von Kampfmitteln und Trümmern geräumt worden sind – und wo es eine anständige sanitäre Versorgung gibt.»

Verhandlungen: Vor der drohenden Offensive sind die feststeckenden Verhandlungen über einen Geiseldeal offenbar wieder in Bewegung gekommen: Israel erwägt ein begrenztes Abkommen mit der Hamas, um die Freilassung von zumindest 20 Geiseln zu erreichen. Im Gegenzug sollen Vertriebenen im Gazastreifen in den Norden des Küstengebiets zurückkehren können.

Verhandeln und vorbereiten - ein Widerspruch?

Nein. Beobachter sehen aber einen Zusammenhang zwischen den israelischen Vorbereitungen für die Rafah-Offensive und den Verhandlungen über einen Geisel-Deal. Immerhin könnte Israel durch die Drohung den Druck auf die Hamas erhöhen, so Michael Milshtein von der Universität Tel Aviv zum «Spiegel».

Tatsächlich scheinen die Hamas-Islamisten nur auf militärischen Druck zu reagieren: Unlängst hatten sie einen Kompromissvorschlag der Vermittlerstaaten noch abgelehnt, der die Freilassung von 40 Geiseln gegen 900 palästinensische Häftlinge während einer sechswöchigen Waffenruhe vorsah.

Was hält ihr von Israels geplanter Rafah-Offensive?

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