Whistleblower vom Unispital Zürich erinnert sich an die Umstände

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Universitätsspital ZürichWhistleblower: «Missstände zu melden kann Sie vernichten»

Er meldete Missstände bei der Leitung des Unispitals Zürich. Daraufhin verlor er seinen Job und bekam Probleme im Privatbereich. André Plass spricht über seine Erfahrung als Whistleblower.

Darum gehts

  • Der leitende Arzt André Plass meldete 2020 Missstände in Patientenfällen an die Spitalleitung.

  • Daraufhin wurde er als schlechter Arzt diskreditiert und verlor seinen Job.

  • Nun sprach er erstmals öffentlich über seine Erfahrungen als Whistleblower.

2020 meldete André Plass Patientenfälle, die ihm verdächtig vorkamen, bei der Spitalleitung. Als Konsequenz durfte er nicht mehr operieren und verlor kurz darauf seinen Job. In der Öffentlichkeit wurde er diskreditiert.

Plass war damals leitender Arzt beim Zürcher Universitätsspital. Als solcher fühlte er sich sowohl verantwortlich für die Sicherheit der Patienten als auch gegenüber der Institution des Unispitals, für welches er seit über 15 Jahren tätig war. Nach den Aussagen von Paul Vogt vor Gericht letzte Woche blickt auch Plass im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» auf die damaligen Geschehnisse zurück.

Anonymität hätte ihn besser schützen können

Während Plass früher den Schutz der Anonymität in der Medienberichterstattung genossen hat, tritt er nun mit seinem Namen auf. Die Meldung an die Leitung des Unispitals hatte er nicht anonym vorgenommen. Er wollte für Nachfragen zur Verfügung stehen, erklärte er im Interview. Was er dabei nicht antizipiert hatte, war, «dass das Ganze dann zu einem Personalkonflikt gemacht wird, in dem die Missstände nur eine Nebenrolle spielen». Dabei sollte es «um die gemeldeten Missstände und die Patienten gehen, nicht um mich».

Hast du schon mal Missstände bei deinem Arbeitgeber gemeldet?

Job verloren und Ruf vernichtet

Weil er aus der Anonymität gezerrt worden war, hätten die Konsequenzen seiner Meldung massive Probleme verursacht, «sowohl im Privaten als auch im Berufsleben». Erst gab es ein Operationsverbot für Plass, dann wurde er entlassen. Er hätte mit Leidenschaft operiert, doch dann sei seine Karriere als Herzchirurg durch «Lügen und Unterstellungen» abrupt beendet worden.

Im Privatbereich sei er seit den falschen Anschuldigungen auch hinterfragt worden. «Ich erfuhr Misstrauen und hatte das Gefühl, ich müsse mich immer zuerst beweisen», sagt er. Auch ein Gefühl der Ohnmacht machte Plass zu schaffen. «Ich hatte Missstände gemeldet und mit Fakten belegt – doch dann wurde alles banalisiert», dies sei für ihn der schwerste Moment gewesen.

Double-Standards in der Aufklärung

Nach den Meldungen des leitenden Arztes prüfte das Unispital mittels externer Anwälte und medizinischer Experten die Vorwürfe. Die Resultate daraus zeigten, dass keine Gefahr für die Patienten bestanden hat. Nur: Bei den gemeldeten Fällen hätte es kein medizinisches Gutachten, in dem komplexe medizinische Fragen geklärt würden, gegeben, kritisiert Plass. Bei ihm hatte es nach den falschen Anschuldigungen zwei solcher Gutachten gegeben, welche ihn beide komplett entlastet hatten.

Plass räumt ein, dass er zwar einen grossen finanziellen Schaden davongetragen habe, er diesen als leitender Arzt und Besitzer einer Firma aber relativ gut habe wegstecken können. «Ein Familienvater, der Alleinverdiener ist, der würde sich wohl kaum trauen, Missstände anzuprangern bei seinem Arbeitgeber. Man muss sich im Klaren sein: Wenn Sie Missstände melden, kann Sie das vernichten, finanziell und auch psychisch.»

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