Briten leiden derzeit unter Engpässen bei Gemüse und Früchten, während es dem russischen Volk an nichts fehle. Diese Momentaufnahme trügt.
Eine Aufnahme vom 28. Dezember 2022 in einem Moskauer Supermarkt: Die Gemüse- und Früchteregale sind gefüllt mit Frischwaren.
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1. März 2023 in einem Londoner Supermarkt: Wegen Lieferschwierigkeiten rationieren britische Supermärkte manche Gemüse- und Obstsorten.
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«Machen die Sanktionen den Menschen in Russland das Leben schwer?», fragt sich die britische Journalistin Sue Reid in einem Artikel der «Daily Mail». (Bild am 22. Februar 2023 in London aufgenommen)
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«Während britische Supermärkte Eier, Früchte und Gemüse rationieren, sind die Regale in einer russischen Provinzstadt mit frischen Lebensmitteln gefüllt», schreibt Reid. (Bild: russischer Supermarkt am 30. Dezember 2022)
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Die «Daily Mail» vergleicht in einem Bericht die Lebensqualität der Briten und Russen. (Bild: Moskauer Lebensmittelladen, 28. Dezember 2022)
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Die Bilder leerer Gemüseregale in britischen Läden gingen vor einigen Wochen um die Welt.
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Der britische Artikel ist ein gefundenes Fressen für die russischen Medien. «Die Russen leben (...) besser als die Briten und die grosse Mehrheit der Europäer», schreibt die russische Nachrichtenagentur Ria.
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Doch die Momentaufnahme trüge, erklärt Wirtschaftsexperte Michael Derrer zu 20 Minuten. «Die Sanktionen werden Russland auf lange Frist grosse Schäden zufügen, wenn Teile zur technologischen Entwicklung fehlen», meint Derrer.
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Die britische Zeitung «Daily Mail» verglich die Lebensqualität in Russland mit Grossbritannien.
Die Erkenntnisse des Artikels greifen russische Medien auf, um Propaganda zu betreiben.
Ein Wirtschaftsexperte schätzt ein. Wer hat recht?
Russische Medien haben am Freitag einen Artikel aus Grossbritannien mit riesiger Schadenfreude kommentiert. Die «Daily Mail» vergleicht in einem Bericht die Lebensqualität der Briten und Russen. Journalistin Sue Reid kommt dabei zum Schluss, dass es dem russischen Volk trotz der Sanktionen aus dem Westen wohl besser gehe: «Machen die Sanktionen den Menschen in Russland das Leben schwer?», fragt sich Reid und liefert die Antwort gleich selbst: «Während britische Supermärkte Eier, Früchte und Gemüse rationieren, sind die Regale in einer russischen Provinzstadt mit frischen Lebensmitteln gefüllt», schreibt sie.
Die Bilder leerer Gemüseregale in britischen Läden gingen vor einigen Wochen um die Welt. Aufgrund der Engpässe führten die grossen Supermarktketten im Land sogar Verkaufsbeschränkungen für bestimmte Früchte und Gemüsesorten ein: So dürfen Kunden und Kundinnen nur noch etwa drei Peperoni, drei Tomaten und drei Gurken kaufen.
Die Szenen seien eine Umkehrung der Situation in der Nachkriegszeit, «als viele von uns im Fernsehen mitleidige Aufnahmen von Russen unter dem kommunistischen Regime sahen, die für Grundnahrungsmittel wie Brot und Eier stundenlang anstehen mussten», heisst es im Artikel der Britin Sue Reid.
Der Text ist ein gefundenes Fressen für die russischen Medien. Hinter «schönen Formulierungen wie negatives Wachstum» verberge sich «eine verhüllte Alltagsrealität». Die Briten würden heutzutage «weniger essen, sich schlechter anziehen, weniger waschen und ihre Häuser weniger heizen», versichert Ria Novosti. Die Sanktionen zur Bestrafung von Präsident Wladimir Putin seien gescheitert. «Russen essen immer noch gut, kleiden sich gut, fahren Autos und leiden nicht unter der Kälte in ungeheizten Räumen.»
«Die Russen leben (...) besser als die Briten und die grosse Mehrheit der Europäer», schreibt die russische Nachrichtenagentur. Das Land sei reich an Ressourcen, verfüge über eine erfolgreiche Agrarindustrie, eine gebildete Bevölkerung, eine reiche Palette an Spitzentechnologien, heisst es weiter. Zum Schluss: «Jahrzehntelang wurden wir unterschätzt, während Grossbritannien überschätzt wurde. Aber jetzt wurde klar, dass der britische König nackt ist.»
Wirtschaftsexperte Michael Derrer bezeichnet beide Artikel als polemisch. «Wenn man mit den Sanktionen den schnellen Zerfall der russischen Wirtschaft erwartet hat, dann ist das nicht passiert», erklärt Derrer gegenüber 20 Minuten. «Die Sanktionen werden dem Land jedoch auf lange Frist grosse Schäden zufügen, wenn Ersatzteile oder High-Tech-Produkte fehlen», meint Derrer.
Die Engpässe einiger Waren, die Briten und Britinnen derzeit erleben, seien vorübergehend. «Das wird sich wieder einpendeln, und Grossbritannien wird auch nach dem Brexit gut funktionieren», sagt der Wirtschaftsexperte der Hochschule Luzern weiter. Sowohl die «Daily Mail» wie auch Ria würden eine Momentaufnahme verwenden, um die Sanktionen polemisch zu kommentieren.
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