Das innere Kind – eine Psychologin erklärt, wie es dir helfen kann.

Schwierige Gefühle im Erwachsenenalter haben oft mit der Kindheit zu tun – mit dem inneren Kind.

Schwierige Gefühle im Erwachsenenalter haben oft mit der Kindheit zu tun – mit dem inneren Kind.

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Aktualisiert

PsychologieWarum du dich mit deinem inneren Kind auseinandersetzen solltest

Häufig hört man in Zusammenhang mit psychischer Gesundheit den Begriff «inneres Kind». Wir haben bei einer Psychotherapeutin nachgefragt, was es damit genau auf sich hat.

Michelle de Oliveira
von

Frau Reginold, was versteht man genau unter dem Begriff «inneres Kind» im psychologischen Kontext?

Das innere Kind repräsentiert die kindlichen Anteile unserer Persönlichkeit. Das bedeutet anders gesagt, dass das Kind, das wir damals waren, in gewisser Weise noch immer da ist. Und damit auch die Emotionen, Wünsche und Erfahrungen, die es gemacht hat. Das kann sowohl schöne Aspekte beinhalten, aber auch negative Facetten umfassen.

Bist du vertraut mit dem Begriff des inneren Kindes?

Kann es also sein, dass ich heute traurig bin, weil ich als Kind eine schlechte Erfahrung gemacht habe?

Ja, weil manche dieser Verletzungen und Enttäuschungen auch heute noch wirken und zum Beispiel Unzufriedenheit und Spannungen auslösen oder durch das Verhalten oder durch Äusserungen von Mitmenschen getriggert werden können. Oft weiss man gar nicht, woher diese unangenehmen Gefühle kommen. Die Auseinandersetzung mit dem inneren Kind kann dann helfen, diese Anteile, die noch immer einem drin stecken, zu verstehen und zu integrieren. Dadurch kann man heilen und emotional wachsen.

Über die Expertin

Psychotherapeutin Romina Reginold

Psychotherapeutin Romina Reginold

Privat

Romina Reginold ist Psychotherapeutin mit eigener Onlinepraxis und Teil des Aepsy Teams – einer Plattform, die Psychologinnen und Psychologen vermittelt.

Im Moment scheint es ein regelrechter Trend zu sein, sich um das innere Kind zu kümmern.

Tatsächlich hat das Thema mehr Aufmerksamkeit bekommen, unter anderem durch Bücher und Podcasts. Ein neuer Trend in dem Sinne ist es aber nicht, im therapeutischen Kontext wendet man das Konzept schon sehr lange an.

Wie erkennt man im Erwachsenenalter, dass das innere Kind verletzt oder vernachlässigt ist?

Das ist abhängig von der Thematik, die dahinter steckt. Es kann zum Beispiel sein, dass man als erwachsene Person Mühe hat mit Liebesbeziehungen, weil man in der Kindheit in der Beziehung zu den Eltern verletzt oder vernachlässigt wurde. Es fällt einem darum heute schwer, anderen Menschen zu vertrauen. Es kann sich auch im Selbstwert widerspiegeln, wenn man als Kind vielleicht gehört hat, dass man nicht schlau oder gut genug ist. Das kann dazu führen, dass man als Erwachsener mehr Selbstzweifel hat, super selbstkritisch ist oder zu Perfektionismus neigt.

Du kannst dich deinem inneren Kind auch durch Malen oder Gestalten nähern.

Du kannst dich deinem inneren Kind auch durch Malen oder Gestalten nähern.

Pexels/Andrea Piacquadio

Gibt es Übungen, um das innere Kind zu stärken?

Ja, man kann dem inneren Kind zum Beispiel einen Brief schreiben und sich schwierige Gefühle von der Seele schreiben. Oder man kann sich das Kind vorstellen und visualisieren, wie man es in den Arm nimmt. Wer gerne kreativ ist, kann es auch malen, modellieren oder sonst basteln. Das kann eine Annäherung sein, einer erster Schritt, aber man kommt dadurch nicht gleich tief in den Prozess hinein, wie bei einer Therapie.

Man kann dem inneren Kind einen Brief schreiben

Psychotherapeutin Regina Reginold

Wann ist es Zeit, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um das innere Kind zu heilen?

Es gibt verschiedene Anzeichen. Etwa wenn man merkt, dass es einem Schwierigkeiten macht, den Alltag zu bewältigen. Oder wenn man wiederkehrende Verhaltensmuster erkennt, die einem für ein glückliches Leben im Weg stehen. Wenn man sich emotional stark belastet fühlt und häufig traurig ist. Oder auch, wenn man Ängste oder Wut empfindet und merkt, dass diese Gefühle nicht nur mit der gegenwärtigen Situation zu tun haben.

Welche Therapieformen werden eingesetzt?

Es gibt verschiedene Wege und kommt immer auf die Arbeitsweise der Fachperson an: Ein Gestalttherapeut arbeitet vielleicht mehr mit malen oder modellieren als Ausdrucksform. Andere arbeiten stark mit Visualisierungen, bei denen man sich in das innere Kind hineinfühlt, in die Emotionen und Verletzungen. Dadurch kann man in einen Dialog kommen und Selbstmitgefühl entwickeln, sich selbst unterstützen und ungelöste Emotionen verarbeiten.

Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine psychische Erkrankung?

Hier findest du Hilfe:

Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858

Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen

Verein Postpartale Depression, Tel. 044 720 25 55

Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen

VASK, regionale Vereine für Angehörige

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

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