Racial Profiling beim HB: EGMR verurteilt die Schweiz

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Fall Wa BaileEGMR verurteilt die Schweiz wegen Racial Profiling

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt die Schweiz wegen Diskriminierung. Auslöser ist eine Polizeikontrolle eines Schweizers mit kenianischen Wurzeln am HB.

Darum gehts

  • Der EGMR verurteilt die Schweiz wegen Diskriminierung in einem Fall von 2015.

  • Damals verweigerte ein Zürcher mit kenianischen Wurzeln eine Polizeikontrolle und bekam einen Strafbefehl.

  • Das EGMR heisst nun aber seine Beschwerde gut und sieht unter anderem eine Verletzung des Diskriminierungsverbots.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt am Dienstagvormittag die Schweiz in einem Fall von 2015 wegen Diskriminierung. Der EGMR hält eine Beschwerde eines Schweizers mit kenianischen Wurzeln gegen ein Urteil der Schweizer Gerichte für berechtigt. Bei einer Polizeikontrolle im Jahr 2015 warf Mohamed Wa Baile (49) der Stadtpolizei Zürich Diskriminierung vor und verweigerte die Kontrolle – worauf er einen Strafbefehl erhielt.

Gegen diesen Strafbefehl ging Wa Baile gerichtlich vor. Doch sowohl das Bezirksgericht, das Obergericht als auch das Bundesgericht schlossen sich der Begründung des verantwortlichen Polizisten an, dass Wa Baile den Eindruck erweckt habe, der Kontrolle entgehen zu wollen. Das EGMR heisst nun aber die Beschwerde gut und sieht unter anderem eine Verletzung des in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankerten Diskriminierungsverbots, wie «ZüriToday» berichtet.

Kontrolle am Zürcher Hauptbahnhof

Der heute 49-jährige Wa Baile wurde im Februar 2015 am Hauptbahnhof von Polizisten der Stadtpolizei Zürich aufgefordert, sich auszuweisen. Zuvor ist er laut Humanrights.ch von zwei Polizisten als Einziger aus der Pendlermasse herausgepickt worden. Da die Beamten angaben, dass keine schwarze Person gesucht sei, weigerte Wa Baile sich, seinen Namen zu nennen und sich auszuweisen.

Erst nachdem die Polizisten seinen Rucksack durchsucht hatten, liessen sie ihn wieder gehen. Später erhielt Wa Baile noch einen Strafbefehl wegen Nichtbefolgens polizeilicher Anordnungen – Kosten von 100 Franken.

Wa Baile entschied sich, diesen anzufechten. Er hatte damals schon seit zehn Jahren das Schweizer Bürgerrecht und sei es leid gewesen, aufgrund seiner Hautfarbe «ständig unter Generalverdacht zu stehen». 

Stadtpolizei reagiert und will das Urteil analysieren

Am Dienstagnachmittag reagierte das Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich mit einer Medienmitteilung auf den Entscheid des EGMR und kündigt an das Urteil nun zu analysieren. Bereits 2017 habe das Departement in der Reaktion auf den Fall gemeinsam mit der Stadtpolizei Massnahmen umgesetzt, um Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe zu minimieren.

Seither muss die Stadtpolizei bei Personenkontrollen den kontrollierten Personen den Grund für die Kontrolle angeben. Die Gründe, die eine Kontrolle rechtfertigen, seien klar definiert und in einer Dienstanweisung festgeschrieben. «Das Bauchgefühl alleine genügt nicht.» Zudem sei das Thema Rassismus in der Ausbildung vertieft und praxisnahe Übungen dazu eingeführt worden.

Das Sicherheitsdepartement gesteht allerdings ein: «Selbstverständlich passieren in einem Korps mit über 2100 Mitarbeitenden Fehler. Wenn wir fehlbares Verhalten feststellen, reagieren wir.»

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Rassismus betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Beratungsnetz für Rassismusopfer

GRA, Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

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