Wilson A. landete nach Ausweiskontrolle im Spital: Polizisten vor Gericht

Publiziert

Racial Profiling«Skrupellos»: Wilson A. landete nach Polizeikontrolle im Spital

Drei Zürcher Stadtpolizisten sollen Wilson A. 2009 nach einer Ausweiskontrolle brutal zusammengeschlagen haben. Nun muss sich der Gruppenführer vor dem Zürcher Obergericht verantworten.

Darum gehts

  • Wilson A. wurde bei einer Polizeikontrolle am Bahnhof Wiedikon verprügelt.

  • Und das, obwohl er laut Anklageschrift die Polizisten darauf aufmerksam machte, dass er am Herzen operiert wurde und einen Defibrillator eingesetzt erhielt.

  • Der Gruppenführer muss sich am Donnerstag wegen Amtsmissbrauch und Gefährdung des Lebens vor dem Zürcher Obergericht verantworten.

Die Vorwürfe gegen zwei Stadtpolizisten und eine Stadtpolizistin sind happig: Die zwei Männer und die Frau sollen bei einer Ausweiskontrolle am 19. Oktober 2009 massive Gewalt ausgeübt haben. Laut der Anklageschrift steuerten die Beamten – offenbar aufgrund einer Verwechslung – um etwa 0.45 Uhr zwei dunkelhäutige Männer im 9er-Tram an und drängten sie zum Aussteigen am Bahnhof Wiedikon.

Obwohl Wilson A. laut Anklageschrift ausdrücklich darum bat, aufgrund einer kürzlichen Herz-OP nicht angefasst zu werden, wurde er mit Pfefferspray, Faustschlägen und Kniestössen sowie Schlagstöcken traktiert und minutenlang gewürgt. Wie in der Anklage weiter geschildert wird, wurde er zudem mit dem Spruch «Sch****-Afrikaner, geh zurück nach Afrika!» beleidigt.

Freispruch für Polizisten

Wilson A. erleidet unter anderem Quetschungen und Prellungen, einen Lendenwirbelbruch sowie einen Meniskusriss und Augenentzündungen. Die Zürcher Stadtpolizisten bestreiten die Vorwürfe. Laut ihnen habe sich Wilson A. unkooperativ gezeigt und aggressiv gegen die Kontrolle gewehrt. Zudem bestreiten sie, von der Herzerkrankung des Mannes gewusst zu haben.

Das Bezirksgericht Zürich sprach die Polizisten im April 2018 frei. Eine Gefährdung des Lebens habe nicht bestanden, die Aussagen von Wilson A. wurden als «wenig glaubhaft» taxiert. Wilson A. und sein Anwalt gingen in Berufung. Am Donnerstag – fast sechs Jahre später – befasst sich das Obergericht mit dem Fall. 

Allianz will Urteil wenn nötig weiterziehen

Verhandelt wird Gefährdung des Lebens und Amtsmissbrauch nur gegen einen der drei Stadtpolizisten. Es handelt sich um den damaligen Gruppenführer. Die Freisprüche gegen die beiden anderen Polizisten sind rechtskräftig.

Laut der «Allianz gegen Racial Profiling» wurde die polizeiliche Gewaltausübung durch alle gerichtlichen Instanzen hindurch stets gedeckt. Aufklärung und Gerechtigkeit seien durch die Justiz bisher systematisch verweigert worden.

Es handle sich um einen klassischen Fall von institutionellem Rassismus, so die Allianz. Daher sei man entschlossen, den Prozess weiterzuziehen – wenn nötig bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg.

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Rassismus betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Beratungsnetz für Rassismusopfer

GRA, Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung