USA: Tiktok-Gesetz – diese Folgen hätte ein Verbot der Plattform

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USA entscheidetTiktok-Gesetz steht bevor: Diese Folgen hätte ein Verbot der Plattform

Am Samstag kommt das Tiktok-Verbot im US-Repräsentantenhaus erneut auf den Tisch. Die Chancen für eine Annahme stehen gut – eine Social-Media-Expertin schätzt die Folgen ein.

Darum gehts

  • Das US-Repräsentantenhaus stimmt am Samstag über ein mögliches Tiktok-Verbot ab.

  • Per Gesetz will die USA erzwingen, dass die chinesische Firma Bytedance ihre Tiktok-Anteile verkauft – macht sie das nicht, kommt es zum Verbot.

  • Social-Media-Expertin Lorella Liuzzo warnt vor Gefahren des Verbots, wie etwa für viele Personen beispielsweise den Verlust ihrer Einnahmequelle.

  • Doch ein Verbot hätte auch für uns Schweizerinnen und Schweizer sowie unseren Tourismus Auswirkungen.

In den USA wird intensiv über ein Tiktok-Verbot diskutiert: Am Samstag entscheidet das Repräsentantenhaus in Washington D.C. über ein entsprechendes Gesetz. Die Chancen für ein Verbot stehen gut – obwohl sich die USA seit Jahrzehnten als «Champion des offenen Internets» profiliert.

Aus Angst vor kommunistischer Propaganda, chinesischer Spionage oder dem Zugriff auf US-Nutzerdaten will die USA, dass die chinesische Firma Bytedance ihre Tiktok-Anteile verkauft. Tut sie das nicht, wird Tiktok in den USA verboten. US-Präsident Joe Biden versprach bereits, dass er das Gesetz unterschreibe, sollte es den Weg auf seinen Tisch schaffen.

Social-Media-Expertin Lorella Liuzzo, die unter anderem an der Hochschule Nordwestschweiz und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften doziert, sieht im Vorhaben mehrere Gefahren.

Was halten Sie vom geplanten US-Tiktok-Verbot?

Liuzzo: Es ist meines Erachtens ein Schritt gegen die Demokratie, dass man den Menschen eine Plattform wegnehmen will, in die sie viel investiert und auf der sie sich etwas aufgebaut haben. Die Begründung, dass man sich vor Daten-Spionage fürchtet, erachte ich nicht als den Hauptgrund. Meiner Meinung nach geht es hierbei um wirtschaftliche Gründe, weil die USA nicht an der Plattform verdienen kann, und politische Interessen, weil sich US-Plattformen wie der Meta-Konzern besser kontrollieren lassen. Wenn das Verbot durchkommt, wofür die Chancen recht gut stehen, wird das für viele Menschen Folgen haben.

Welche denn?

Einerseits hätte es wirtschaftliche Auswirkungen, denn viele Amerikanerinnen und Amerikaner haben sich auf Tiktok eine Existenz oder zumindest einen Nebenerwerb aufgebaut. Tiktok ist eine der Plattformen, wo auch ganz gewöhnliche Menschen ein Publikum aufbauen können. Es wird nicht nur gesellschaftsnormative Schönheit zelebriert, sondern Talent – und so bekommen auch ältere Menschen oder etwa Personen mit Behinderungen eine Plattform, mit der sie Geld verdienen können. Es gibt auch viele kleine Firmen oder Onlineshops, die ihre Produkte über die Plattform vermarkten und verkaufen. Durch das Verbot würden diese Menschen ihre Einnahmequelle verlieren.

Gilt das nur für einzelne Personen und kleine Unternehmen?

Nein, auch den grösseren Unternehmen zerstört man eine wichtige Werbefläche, in die sie teils grosse Summen investiert haben.

Hat das Verbot auch Folgen für uns in der Schweiz?

Ja, mit Sicherheit – etwa im Tourismusbereich. Die Schweiz ist in Amerika Spitzenreiterin bezüglich Reise-Inhalten – viele junge Menschen holen sich Reiseinformation und -inspiration via Tiktok. Durch das Verbot würden die Sichtbarkeit und Attraktivität abnehmen.

Wäre es schlimm für dich, kein Tiktok mehr zu haben?

Was ändert sich für Schweizerinnen und Schweizer, die Tiktok nutzen?

Es gibt viele Schweizer Creators, die ein grosses amerikanisches Publikum haben. Dieses würden sie verlieren. Aber auch Schweizerinnen und Schweizer, die nur auf Tiktok konsumieren, würden die Folgen spüren.

Inwiefern?

Tiktok bietet globalen Content, der nicht auf bestimmte Orte begrenzt ist. Ein mögliches Verbot in den USA könnte den Zugang zu Inhalten aus diesem Land und seiner Kultur für Nutzer in der Schweiz einschränken.

Es gebe also wirtschaftliche Folgen und hierzulande keine amerikanischen Inhalte mehr. Ist das alles?

Nein. Verloren gehen würden auch zahlreiche Communitys auf Tiktok. Durch den Algorithmus finden hier viele ihren ‹Tribe›, also ihre Subcommunity mit Gleichgesinnten – sei es für LGBTQ+-Themen, spezielle Interessen oder auch politische Themen. Ein Beispiel ist die Black-Lives-Matter-Bewegung, die quasi über Nacht durch Tiktok Millionen von neuen Anhängerinnen und Anhängern fand.

Es gibt immer mehr Erkenntnisse dazu, dass Tiktok und soziale Medien schaden, vor allem Kindern. Könnte ein Verbot also nicht auch Vorteile haben?

Klar, Tiktok macht extrem süchtig und birgt viele Risiken wie etwa Cybermobbing oder extreme Viralität für Menschen, die psychisch nicht damit umzugehen wissen. Aber diese Gefahren finden sich auch auf anderen Plattformen. Wenn Tiktok verboten wird, weichen die Menschen einfach aus. Die Vorstellung, dass Kinder nach dem Verbot stattdessen lieber draussen spielen gehen, halte ich für utopisch.

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