Künstliche Intelligenz: Wegen KI-Schummeleien wollen Unis Studierende mehr mündlich prüfen

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Künstliche IntelligenzWegen KI-Schummeleien wollen Unis Studierende mehr mündlich prüfen

Der Text-Roboter ChatGPT kann so ziemlich jede Frage beantworten und selbst Texte verfassen. Das lädt zum Schummeln ein – Schweizer Universitäten prüfen Änderungen der Leistungsnachweise.

Studierende nutzen den Chatbot GPT zum Lernen, Zusammenfassungen schreiben oder aber auch um an Prüfungen zu schummeln.

20min

Darum gehts

  • Der Chatbot GPT kann selbst Texte erfassen, Fragen beantworten und Tipps geben.

  • Laut einer Umfrage von 20 Minuten nutzen auch Studierende das KI-Programm immer häufiger.

  • Damit bei Prüfungen nicht geschummelt wird, prüfen Schweizer Universitäten Strategien für den Umgang mit ChatGPT.

  • Künftig dürften mündliche Prüfungen und dem Menschen vorbehaltene Kompetenzen an Bedeutung gewinnen.

ChatGPT, der Bot, der auf künstlicher Intelligenz basiert und zu fast jeder Frage eine Antwort weiss, hält an Schweizer Universitäten Einzug. In den USA hat der Text-Roboter Medienberichten zufolge bereits Universitätsprüfungen in Medizin, Wirtschaft und Rechtswissenschaften bestanden. Wie eine Umfrage von 20 Minuten zeigt, wenden viele Studierende in der Schweiz das KI-Programm schon an – für Zusammenfassungen, Recherchen oder beim Lernen.

«Ich habe ChatGPT schon genutzt, um Texte zusammenzufassen für die Lernphase – das hat sich schon gelohnt», sagt etwa Jasem (26), der an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZ) studiert.

Studierende nutzen ChatGPT – wagen sich damit aber nicht an die Prüfungen

Auch Dustin (24), der an der ETH studiert, erzählt: «Meine Freunde an der Uni benutzen ChatGPT, um schön formulierte Sätze für Reports zu generieren – aber nicht, um ganze Texte vorzuschreiben.

Den Bot kann man aber nicht nur für Zusammenfassungen anwenden. Die 26-jährige Loret, die an er PHZ studiert, weiss, dass bereits Schummeleien stattgefunden haben: «Meine Kollegin studiert an der ZHAW Informatik – sie und ihre Mitstudierenden haben den Chatbot bei einer Prüfung genutzt und alle haben sehr gute Noten bekommen.»

Hast du ChatGPT schon mal benutzt?

Universitäten wappnen sich

An den Universitäten Basel, Bern, Luzern und Zürich und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft (ZHAW) ist das Thema ChatGPT und eine mögliche Problematik bekannt. Bisher sei jedoch der Einsatz solcher KI-gestützter Programme noch nicht spezifisch reguliert. Abklärungen hierzu seien jedoch im Gange – an der Uni Basel wurde dafür eigens eine Arbeitsgruppe gegründet. Den Universitäten und der ZHAW seien bis anhin noch keine Fälle bekannt, in denen Studierende ChatGPT in einer Arbeit unerlaubt genutzt hätten.

Die rasante Entwicklung solcher KI-gestützten Programme könnte jedoch bald schon wesentliche Änderungen mit sich ziehen: «Die Prüfungssituationen müssen angepasst werden, damit klar ersichtlich wird, welchen Beitrag die geprüfte Person geleistet hat und welchen die KI-Hilfsmittel. Auch mündliche Prüfungen werden an Bedeutung zulegen», sagt die Uni Basel. Auch von der Uni Zürich heisst es, dass der Fokus noch stärker auf Kompetenzen. Wie kritisches Denken und Argumentieren, Problemlösungsfähigkeiten, interdisziplinäre Teamarbeit oder Innovationskraft liegen werde.

«Transparente Nutzung von ChatGPT könnte hilfreich sein»

Der KI-Experte Thilo Stadelmann leitet das Centre for Artificial Intelligence der ZHAW.

Der KI-Experte Thilo Stadelmann leitet das Centre for Artificial Intelligence der ZHAW.

ZHAW

Herr Stadelmann, wie stellt man sicher, dass Studierende nicht mit Hilfe von KI-Programmen schummeln?

Studierende unterschreiben seit Jahrzehnten eine Selbstständigkeitserklärung bei grossen Arbeiten. Damit bezeugen sie, dass sie alles selbst erarbeitet haben und bei fremdem Material auf die Quellen verweisen. Diese Erklärung greift nach wie vor. Handelt jemand absichtlich gegen diese Vorgabe, lässt sich das gut erkennen.

Wie denn?

ChatGPT basiert auf statistischen Modellen und hat somit auch statistische Auffälligkeiten. Diese können gut maschinell erkannt werden. Auch kann man auf die Tippfehler in einem Text achten – je weniger Fehler ein Text hat, desto verdächtiger ist er. Ein ‹naives› Plagiat mit ChatGPT fällt also schnell auf. Schwieriger wird es, wenn der KI-Text mit anderen Programmen so verschleiert wird, dass die statistischen Auffälligkeiten verschwinden.

Müssen neue Richtlinien her?

Seit es das «Lernen» gibt, hat es immer wieder neue Werkzeuge gegeben: Man denke an den Taschenrechner oder aber Wikipedia. Was sich aber verändert hat, ist, dass die Werkzeuge immer mächtiger werden. Damit muss ein Umgang gefunden werden. Zum Beispiel wäre eine transparente Nutzung von solchen KI-gestützten Programmen sogar hilfreich. Gibt man etwa klar an, welche Teile von ChatGPT stammen oder was man damit recherchiert hat, könnte das eine sinnvolle Ergänzung sein.

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