Keine Party ohne Zertifikat - Test-Debakel sorgt für Frust bei Partygängern

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Keine Party ohne ZertifikatTest-Debakel sorgt für Frust bei Partygängern

Wer nicht geimpft ist, braucht einen Test, um am Wochenende im Club feiern zu können. Weil es nicht genug Termine gibt, fallen die Opening-Partys für viele ins Wasser.

Darum gehts

  • Am Samstag dürfen die Clubs wieder öffnen – trotzdem wird das grosse Partywochenende wohl noch ausbleiben.

  • Das Problem: Nur, wer ein Zertifikat hat, kommt rein. Für Nicht-Geimpfte heisst das, dass sie einen Test machen müssen.

  • Die Impfzentren und Apotheken sind überlastet, dazu kommen technische Probleme.

Der Entscheid des Bundesrats, dass die seit fast einem Jahr geschlossenen Clubs bereits ab Samstag wieder öffnen dürfen, kam überraschend – selbst für die Clubs. Diese arbeiten nun auf Hochtouren daran, Personal zu suchen, DJs zu buchen und Getränke zu bestellen. Schon am Samstag soll in ersten Clubs wieder gefeiert werden, etwa im Zürcher Hive. Auch im Mascotte und im Supermarket sind offenbar Partys geplant.

Wer mitfeiern will, braucht ein Covid-Zertifikat. Das kriegt man ohne Impfung oder durchgemachte Erkrankung nur mit einem Test (siehe unten). Bloss: In Zürich sind vor dem Wochenende kaum mehr Testtermine zu kriegen – schon gar nicht, wenn man am Freitag bis 17 Uhr arbeiten muss. In den grossen Testzentren sind nur noch wenige Termine vor Sonntag verfügbar und auch die meisten Apotheken bieten erst ab nächster Woche wieder Termine an. In St. Gallen und Luzern sieht es ähnlich aus.

Hive-Party noch ungewiss

Anatol Gschwind vom Hive sagte am Donnerstagnachmittag, im Moment herrsche Chaos: «Es fehlen Testtermine und auch dort, wo es noch Termine hat, ist nicht sicher, dass die Zentren oder Apotheken technisch schon so weit sind, dass sie das negative Resultat in die App überführen können.» Ob am Samstag tatsächlich gefeiert werden könne, sei deshalb noch unsicher.

Was das Hive nicht will, ist laut Gschwind, nur den aktuell noch zu wenigen vollständig Geimpften den Zutritt zu erlauben: «Wir möchten möglichst allen Leuten ein Erlebnis ermöglichen und hoffen, bis am Samstag eine Lösung zu haben.» Andernfalls müsste die Eröffnung um eine Woche verschoben werden.

Auch Club-Promoter Alex Flach spricht auf Facebook von «Schildbürgertum vom Feinsten»:

Entsprechend gross ist der Frust bei denen, die sich auf die Party am Wochenende gefreut hatten: «Herrgottnochmal» oder «irgendeinen Haken musste es ja haben» laute

So geht es zurück in den Club

• Wer mit einem Impfstoff geimpft wurde, der in der Schweiz zugelassen ist, und bereits zwei Dosen erhalten hat, bekommt ein Zertifikat, das für 365 Tage gültig ist. Auch wer eine Infektion mit dem Coronavirus durchgemacht hat und mindestens vier Wochen danach eine einmalige Impfung erhalten hat, bekommt das Zertifikat für ein Jahr.

• Personen, die von einer Covid-19-Erkrankung genesen sind, und dies mit einem PCR-Test belegen können, erhalten ein Zertifikat für 180 Tage ab dem elften Tag des positiven Tests.

• Wer nicht geimpft oder genesen ist, kann mit einem negativen PCR-Test ein Covid-Zertifikat bekommen, das für 72 Stunden gültig ist. Mit einem negativen Antigen-Schnelltest ist das Covid-Zertifikat 48 Stunden gültig.

n zwei Kommentare.

«Alle sind überrumpelt worden»

Nach der Freude über die Öffnungen nun also der Frust für alle, die noch nicht geimpft sind. «Die derzeitige Situation erinnert ein wenig an Kafkas Schloss: Man sieht es, kommt aber nicht hinein», sagt Alexander Bücheli, Geschäftsführer der Bar- und Clubkommission (BCK) Zürich. Nicht nur die Clubs, sondern auch die Testzentren und Apotheken seien vom Entscheid des Bundesrats überrumpelt worden.

Die BCK versuche nun zu erreichen, dass für das erste Wochenende auch ein schriftlicher, personalisierter Nachweis eines negativen Testresultats anstelle des elektronischen Covid-Zertifikats ausreiche. Verschiedene Clubs seien ausserdem im Gespräch mit Apotheken, ob diese fürs Wochenende Sonderöffnungszeiten anbieten würden. «Trotz den am Mittwoch kommunizierten Öffnungen wird dieses Wochenende aber noch nicht das grosse Partywochenende. Dafür war die Vorlaufzeit einfach zu kurz», sagt Bücheli.

«BAG und Kantone in der Verantwortung»

Für die kommenden Wochen sieht Bücheli Bund und Kantone in der Verantwortung: «Sie müssen die Testkapazitäten und die technische Infrastruktur zur Verfügung stellen, damit alle, die das wollen, unkompliziert und kostenlos zu einem zeitlich beschränkten Testzertifikat kommen.» Dass die Clubs eigene Testzentren aufbauen, hält er für den falschen Weg: «Es macht mehr Sinn, die bestehenden Strukturen auszubauen. Dabei gilt es auch zu bedenken, dass die Impfkampagne weiter voranschreitet und niemand weiss, wie lange wir noch eine grosse Anzahl Test-Zertifikate brauchen werden.»

Bezüglich Tests ist vom BAG keine Hilfe zu erwarten. Die Frage, ob in der Übergangsphase bis alle sich impfen lassen konnten, mehr Tests zur Verfügung gestellt werden, bleibt unbeantwortet. Eine Sprecherin schreibt lediglich, das BAG hielte es für «sehr gut», wenn die Clubs in der Nähe der Ausgehmeilen selber Testzentren aufbauen würden. Das ist allerdings mit Auflagen verbunden (siehe unten).

Mehr Unterstützung kommt vom Kanton Zürich: «Wir freuen uns mit allen, welche die lang ersehnten Freiheiten nun wieder auskosten wollen und können», sagt Patrick Borer von der Gesundheitsdirektion. Die Anbieter von Tests seien «sensibilisiert worden, dass bereits dieses Wochenende mit einer erhöhten Nachfrage zu rechnen ist». Sie würden sich nach ihren Möglichkeiten darauf vorbereiten mit dem Ziel, genügend Testkapazitäten anzubieten.

Clubs könnten bald eigene Testzentren haben

Verbessert sich die Situation mit den Testkapazitäten nicht, haben Clubs die Möglichkeit, selber ein Testzentrum zu betreiben. Das plant etwa der Club Viertel in Basel. Damit man sich auch in Zürich direkt vor dem Club testen lassen kann, sind laut Patrick Borer von der Gesundheitsdirektion folgende Auflagen zu erfüllen: «Jedes Testzentrum braucht eine verantwortliche Medizinalperson oder Institution mit einer Bewilligung von der Gesundheitsdirektion sowie genügend geschultes Personal zur Abnahme der Tests.»

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