Swisscom und Schweiz Tourismus werben nicht mehr auf Twitter

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Musk-BoykottSwisscom und Schweiz Tourismus werben nicht mehr auf Twitter

Twitter macht seit der Übernahme durch Elon Musk so viele Negativschlagzeilen, dass viele Werbekunden abspringen. Auch Schweizer Firmen gehen nun auf Distanz zu Twitter.

Darum gehts

  • Der neue Twitter-CEO Elon Musk sorgt für Furore und schreckt so Werbekunden ab.

  • Nun haben auch Swisscom und Schweiz Tourismus ihre Twitter-Ads gestoppt.

  • Fast alle angefragten Firmen «beobachten die Situation» und analysieren nun ihre Twitter-Strategie.

Seit Elon Musk bei Twitter das Steuer übernommen hat, geht es beim sozialen Netzwerk drunter und drüber: Viele Mitarbeitende haben das Unternehmen verlassen, beim Verifikations-Häkchen gibts Chaos, und die Zahl der rassistischen Tweets hat zugenommen. Sogar Musk selbst sagt, dass die Zukunft von Twitter ungewiss sei.

Mindestens die Hälfte der Top-100-Werbekunden sind abgesprungen, darunter Chanel, Chevrolet, Dell, Ford, Heineken, HP, Linkedin, Facebook, Coca-Cola und Verizon. Die Redaktion hat bei Schweizer Firmen nachgefragt, wie sie auf das Chaos beim sozialen Netzwerk reagieren – viele sind vorsichtig geworden. 

Swisscom schaltet Werbung ab

Genug von Twitter hat offenbar Swisscom – zumindest vorerst. Der Telecom-Konzern schaltet bis «sicher Anfang Januar 2023» keine Werbung mehr auf dem sozialen Netzwerk. Das habe man am 18. November so entschieden, damals vorerst für zwei Wochen. Am 29. November verlängerte Swisscom die Frist, wie es auf Anfrage heisst.

Die Zukunft von Twitter sei ungewiss, sagt Swisscom. «Insbesondere die angekündigte ‹Generalamnestie› der gesperrten Twitter-Konten macht uns Sorgen.» Das Unternehmen befürchtet, dass dies Hass und Fake News fördern könnte.

Schweiz Tourismus stoppt Twitter-Ads 

Auch Schweiz Tourismus betreibt auf Twitter mehrere Kanäle, um mit der Community zu agieren. Die Organisation stuft die aktuelle Entwicklung auf der Plattform als «sehr kritisch» ein. Weil man nicht zu 100 Prozent sicherstellen könne, dass Werbung nicht in einem negativen Kontext erscheine, habe man bereits Anfang November jegliche Werbeaktivität eingestellt.

Die organischen, publizistischen Tweets nutzt Schweiz Tourismus hingegen weiter, allerdings «in einem reduzierten Masse und unter sorgfältiger Auswahl der Themen». Man habe ihre Anzahl bereits deutlich reduziert, beobachte die Situation und analysiere, ob man organisch weiter auf Twitter präsent sein wolle.

Sollen Schweizer Firmen ihre Werbung auf Twitter stoppen?

Die Social-Kampagnen von Schweiz Tourismus betreut die Agentur Sir Mary. Sie sagt auf Anfrage, dass sie sich gemeinsam mit einigen Kundinnen und Kunden entschieden habe, Werbung auf Twitter vorübergehend zu pausieren. Die neue Redefreiheit-Maxime auf Twitter gefährde die Markensicherheit. Das bedeutet, dass nicht mehr sicher ist, dass Twitter Werbung da anzeigt, wo es zur Marke passt und dem Image nicht schadet.

Viele «beobachten die Situation»

Die UBS will sich nicht zum Thema äussern, Nestlé reagiert nicht auf unsere Anfrage. Laut der «Handelszeitung» haben aber auch sie ihre Werbeaktivitäten auf Twitter eingestellt.

Folgende Firmen sagen, dass sie die Situation rund um Twitter genau beobachten: Alpian, Axpo, SBB, Swissquote, Digitec Galaxus, Victorinox und die Schweizer Milchproduzenten. Postfinance prüft nun das weitere Vorgehen auf Twitter, wie es auf Anfrage heisst – entschieden sei noch nichts.

«Sollte sich das Werbeumfeld drastisch verschlechtern, behalten wir uns vor, diesen Kanal für Werbung nicht mehr zu berücksichtigen und nur noch als Support-Funktion zu betreiben», heisst es bei Swissquote. Alpian sieht das ähnlich: Wenn man Beweise dafür finde, die ein Übermass an Hass oder Fake News auf Twitter belegen, werde man seine Werbung auf der Plattform stoppen.

Musk droht abtrünnigen Werbekunden

Musk hat gedroht, Werbekunden, die keine Anzeigen mehr schalten, öffentlich blosszustellen. Er reagierte mit folgendem Tweet auf den Vorschlag eines Users, er solle die abtrünnigen Werbekunden benennen: «Ein thermonukleares Benennen und Schämen ist exakt das, was passieren wird, wenn das nicht aufhört.»

Digitec Galaxus schaltet weiter Werbung auf Twitter, sagt aber: «Wir haben die Möglichkeit, uns täglich umzuentscheiden.» Sollte der Kanal problematisch werden, könne man seine Strategie schnell ändern. Was die Werbung angehe, sei Twitter aber sowieso von geringer Relevanz.

Die Organisation der Schweizer Milchproduzenten zahlt für ausgewählte Tweets, um eine höhere Reichweite für ihre Botschaften zu erreichen und ihr Zielpublikum anzusprechen. Man sei vorsichtig, aber eine Änderung der Twitter-Strategie sei aktuell nicht geplant, heisst es beim Verband auf Anfrage.

Das sagen SBB, Salt und Sunrise

Für die SBB ist Twitter «ein wichtiger Zusatzkanal, um die Kundinnen und Kunden im Störungsfall zu informieren». Sie macht das zum Beispiel auf dem Kanal @RailService. Man sei auf Twitter aktiv, weil die Kundinnen und Kunden dort seien. Werbung schalte man aber schon seit einigen Jahren nicht mehr.

Salt sagt auf Anfrage, dass das Unternehmen aktuell keine Werbung auf Twitter mache. Und Sunrise teilt der Redaktion mit, dass man aus den gleichen Gründen wie Swisscom keine Werbung auf Twitter schalte. Den Kundensupport via Twitter werde man aber weiterhin anbieten. 

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