Prämienschock: Politiker wollen Homöopathie aus der Krankenkasse kippen

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PrämienschockPolitiker wollen Homöopathie aus der Krankenkasse kippen

Die Komplementärmedizin – insbesondere Homöopathie – wird seit 2012 durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung vergütet. In Anbetracht der steigenden Gesundheitskosten fordern Politiker, dies zu streichen.

Darum gehts

Das ist passiert
Nach vier Jahren Stabilität werden die Krankenkassenprämien 2023 wieder steigen – durchschnittlich um 6,6 Prozent. Durch die öffentliche Hand werden auch gewisse Leistungen der Komplementärmedizin durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet. Dass die Krankenkassen in der Schweiz die Homöopathie bezahlen, ist auf eine Volksinitiative zurückzuführen. Im Jahr 2009 wurde dies mit einer grossen Mehrheit vom Stimmvolk gutgeheissen. Nun fordern Politiker, dass die Komplementärmedizin aus der Grundversicherung gekippt werden soll.

Darum ist das wichtig
Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz homöopathische Leistungen im tiefen zweistelligen Millionenbereich von den Krankenkassen übernommen – der Gesamtbetrag der obligatorischen Krankenpflegeversicherung betrug im selben Jahr 36 Milliarden Franken.

Das sagen die Befürworter
FDP-Nationalrat Philippe Nantermod reichte vergangenes Jahr eine Motion beim Bundesrat ein. Er fordert, dass Behandlungen und Leistungen, deren Wirksamkeit nicht belegt ist oder nicht über den Placeboeffekt hinausgeht, aus dem Leistungskatalog des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) entfernt werden. Dieser Ansicht ist der Walliser nach dem Prämienschock erst recht. «Hervorzuheben ist, dass das teure Gesundheitssystem entlastet werden würde», so Nantermod. Parteikollege und Nationalrat Marcel Dobler spricht sich ebenfalls dafür aus: «Wir kämpfen seit Jahren mit steigenden Prämien. Es kann nicht sein, dass Produkte und Behandlungen, die keine bessere Wirksamkeit als Placebo haben, von den Krankenkassen getragen werden.»

Das sagen die Gegner
Nicht alle wollen die Homöopathie aus der OKP streichen. «Nimmt man die Homöopathie raus, spart man am falschen Ort», sagt SVP-Nationalrätin Yvette Estermann. Sie fordert, dass die gewichtigen Kostentreiber eruiert und offengelegt werden. Der Homöopathieverband Schweiz wehrt sich vehement gegen das Vorhaben. Es stimme nicht, dass Homöopathie keine Wirksamkeit habe. «Für die Aufnahme in die Grundversicherung mussten Wirksamkeitsnachweise in der Form diverser Studien eingereicht werden und der Bundesrat hat diese Nachweise anerkannt», sagt Beatrice Soldat-Braun. Ansonsten wäre die Homöopathie nie in die OKP aufgenommen worden. «Der Haken ist, dass man zwar nachweisen kann, dass Homöopathie wirkt, aber keine wissenschaftliche Erklärung hat, warum sie wirkt», sagt Soldat-Braun.

Das sagen die Schweizer Krankenversicherer
Sollten homöopathische Therapien nicht mehr durch die OKP gedeckt werden, würde jede Person pro Jahr nur wenige Franken einsparen. «Damit die Prämienlast nicht weiter steigt, ist es wichtig, dass nur jene Leistungen von der Grundversicherung bezahlt werden, welche die WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit) erfüllen», sagt ein Mediensprecher von Santésuisse. Würden alle unnötigen Leistungen gestrichen, wären in der Schweiz jedes Jahr Einsparungen von rund 200 Millionen Franken möglich. «Bei der Homöopathie ist die Wirkung wissenschaftlich leider nicht nachweisbar», so die Branchenorganisation. Santésuisse respektiere jedoch den Volkswillen, wonach komplementärmedizinische Verfahren zu berücksichtigen seien.

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Die Wirkstoffe, die in der Homöopathie zur Anwendung kommen, sind in hoher Konzentration häufig giftig. Laut homöopathischer Lehre ist nämlich das, was bei einem gesunden Menschen eine Erkrankung auslösen kann, auch das, was einen kranken Menschen wieder heilen kann. Ausgangssubstanz ist oftmals eine «Urtinktur» – diese wird schrittweise weiter verdünnt, bis die gewünschte Potenz erreicht ist. Je verdünnter die Substanz, desto höher die Wirksamkeit, glauben Homöopathen. Die Lösung wird dann auf kleine Zuckerkügelchen getropft – die bekannten Globuli sind fertig.

Findest du, die Homöopathie sollte durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung finanziert werden?

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