Empörung über einen LGBTQ+-Verein – Machtmissbrauch im Treff

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OstschweizSex mit Jugendlichen: Zwei Leiter von LGBT-Treff angezeigt

Gegen Mitgründer des Vereins Sozialwerk.LGBT+ wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Sie werden beschuldigt, intime Beziehungen zu Jugendlichen gepflegt zu haben.

Darum gehts

  • Im Verein Sozialwerk.LGBT+ kam es zum Eklat.

  • Der Verein betreibt Treffs für jugendliche LGBT-Personen und bietet ihnen Schutz und Zugehörigkeit.

  • Nun werden zwei Mitgründer beschuldigt, das Machtgefälle zwischen Betreuern und Besuchern ausgenutzt zu haben, um intime Beziehungen zu zwei Minderjährigen aufzubauen.

Die vom Verein Sozialwerk.LGBT+ betriebenen Jugendtreffs in Chur GR und Buchs SG sind vorübergehende geschlossen. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen hat aufgrund des Verdachts auf Verstösse gegen die sexuelle Integrität ein Strafverfahren eingeleitet. Beschuldigt werden Personen, die den Verein im Jahr 2020 mitgründeten und sexuelle Beziehungen zu zwei 17-jährigen Jugendlichen gepflegt haben, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.

Die Vorwürfe haben in der queeren Community und darüber hinaus für Entsetzen gesorgt, zumal der Verein als wichtiger Zufluchtsort für gemobbte und ausgegrenzte queere Jugendliche galt.

Treffs zum Schutze jugendlicher LGBT-Personen

Der Verein «Sozialwerk.LGBT+» betreibt in Chur und Buchs Treffs, wo sich queere Teenager treffen und austauschen können. Ab dem Alter von 13 Jahren können Jugendliche dort eingehen. Für sie ist es ein wichtiger und seltener Rückzugs- und Zufluchtsort.

Die Treffs erfüllen einen wichtigen Nutzen. Gerade in diesen ländlichen Gebieten ist es schwierig für junge, queere Menschen Gleichgesinnte zu finden. Laut der Webseite des Vereins sind die Jugendtreffs jedoch aktuell «infolge personellen Engpasses bis auf Weiteres» geschlossen. In einem der Jugendtreffs kam es zu intimen Beziehungen zwischen Betreuern und Jugendlichen.

Was im Treff vorgefallen ist

Die beschuldigten Männer sind laut dem «Tages-Anzeiger» Mitgründer des Vereins. Die beiden sind Mitte 40 und Ehepartner. Gemeinsam setzten sie sich immer wieder für die Anliegen queerer Menschen ein.

Nun kam zutage, dass die Ehepartner eine Dreiecksbeziehung mit einem 17-jährigen Jugendlichen führten und einer der beiden Männer zudem sexuellen Kontakt mit einem weiteren Teenager hatte. Weiterhin versuchten die beiden Beschuldigten offenbar, Personen vor der Staatsanwaltschaft zu Falschaussagen zu drängen. Es gäbe Dokumente wie SMS, Mails oder Sprachnachrichten, berichtet der «Tages-Anzeiger».

Prekäres Machtgefälle

Daniel Huber, ein ehemaliger Vorstand des Vereins, der das Ehepaar zusammen mit einem anderen ehemaligen Vorstandsmitglied bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat, berichtet: «Das Verhalten der beiden ist für uns ein totaler Machtmissbrauch, das spürten auch die Jugendlichen. Ich habe das immer wieder zur Sprache gebracht». Der Anfang-20-Jährige hatte die Treffs vor seiner Vorstandstätigkeit auch als Jugendlicher besucht.

In einer Sprachnachricht an eine Person aus dem Verein soll einer der beiden Beschuldigten sich wie folgt zu den Vorwürfen geäussert haben: «Die Gefühle sind real. ... Schlussendlich sind junge Menschen auch in der Lage, eigenverantwortliche Entscheide zu treffen. Und wenn diese dann nicht die richtigen sind, dann ist das halt so, das gehört zum Lernen dazu.»

Kritik von verwandten Organisationen

Der Geschäftsleiter der Organisation Pink Cross, Roman Heggli, äusserte sich zur Situation. Für ihn spiele es keine Rolle, ob der sexuelle Kontakt einvernehmlich erfolgte oder nicht. «Es geht absolut nicht, dass eine ältere Leitungsperson eine Beziehung mit einem Jugendlichen eingeht, der den Treff besucht.»

Auch Annina Grob, die Co-Geschäftsleiterin des Berufsverbands der sozialen Arbeit Avenir Social, stimmt dem zu. Der Verband hält in seinem Berufskodex fest: «Die Mitarbeitenden gehen verantwortungsvoll mit dem bestehenden Machtgefälle um. Sie achten darauf, sich gebührend abzugrenzen.»

LGBTIQ: Hast du Fragen oder Probleme?

Hier findest du Hilfe:

LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133

Du-bist-du.ch, Beratung und Information

InterAction, Beratung und Information für intergeschlechtliche Menschen

Lilli.ch, Information und Verzeichnis von Beratungsstellen

Milchjugend, Übersicht von Jugendgruppen

Elternberatung, Tel. 058 261 61 61

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

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(sim)

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