Das finnische Start-up Solar Foods verwandelt CO2 in ein Protein-Pulver

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Neue MethodeCO2 wird zu Protein-Pulver – kann diese Technologie die Welt ernähren?

Zubeissen statt einatmen: Ein finnisches Start-up hat eine Methode entwickelt, um aus CO2 ein Proteinpulver herzustellen. Damit können der wachsende Kalorienbedarf der Welt gedeckt, die Landwirtschaftsflächen hingegen verringert werden.

Darum gehts

Bei manchen neuen Technologien muss man unweigerlich an Science-Fiction denken – wenn nicht sogar an Zauberei. Wie anders lässt sich ein Projekt einordnen, das zum Ziel hat, aus CO2 aus der Luft – sozusagen aus dem Nichts – Nahrungsmittel herzustellen? Was klingt, wie das Hirngespinst eines verrückten Erfinders (oder Scharlatans), ist indessen Wirklichkeit.

Espoo, in der Nähe von Helsinki, Finnland. Hier ist das Unternehmen Solar Foods zuhause. Das Start-up hat sich zum Ziel gesetzt, essbare Proteine aus CO2, Nährstoffen, Wasser und Strom herzustellen. Eine Mikrobe wird unter Einsatz von erneuerbarem Strom in einen, aus der Luft gewonnenen, Tropfen Wasser verpflanzt und mit winzigen CO2-Blasen und Nährstoffen wie Stickstoff, Kalzium, Phosphor und Kalium gefüttert.

Die Mikroorganismen wachsen, weiteres aus der Luft genommenes Wasser kommt hinzu und am Ende wird die Masse getrocknet: Fertig ist das Protein-Pulver, das anschliessend in Food-Produkten weiterverarbeitet werden kann. Solar Foods nennt das Produkt «Solein» und vergleicht es mit getrockneten Algen oder Soja.

Ein Bruchteil des Wasserbedarfs

Die Vorteile für den Planeten Erde sind immens, verspricht Solar Foods. So wächst die Bevölkerung bis 2050 voraussichtlich auf mehr als neun Milliarden Menschen. Laut UNO nimmt der Kalorienbedarf um 50 Prozent zu. Dafür sind immer grössere Landwirtschaftsflächen nötig und der Wasserverbrauch wächst.

Die Food-Produktion hängt zudem von den klimatischen Bedingungen ab. Auch schrumpfen die Fischbestände als wichtigste Proteinquelle. Nicht zuletzt stammt fast ein Drittel der CO2-Emissionen aus der Nahrungsmittelproduktion.

Solar Food kontert mit bemerkenswerten Zahlen: Die Herstellung eins Kilogramms «Solein» benötige 100-mal weniger Wasser, die Herstellung von Proteinen aus Pflanzen rund 600-mal weniger als aus Rindfleisch. Wo 200 Quadratmeter Weidefläche oder 20 Quadratmeter Ackerland beansprucht werden, wird für die Produktion eines Kilos «Solein» gerade mal ein Quadratmeter benötigt.

Freigewordene Flächen könnten so wieder aufgeforstet und für die Reduzierung von CO2 genutzt werden. Im Vergleich zur Rinder-Bewirtschaftung führe die Proteinherstellung von Solar Foods zudem zu 200-mal tieferen CO2-Emissionen.

Auch für Weltraumreisen geeignet

Was nach reiner Theorie klingt, wird bald Realität. Anfang November hat Solar Foods in Vantaa, einem Vorort Helsinkis, mit dem Bau einer ersten Fabrik begonnen. Ab 2023 soll die «Solein»-Produktion starten – CO2-neutral, wie das Unternehmen schreibt.

Für den Vertrieb hat Solar Foods bei der European Food Safety Authority die Zulassung als «neuartiges Lebensmittel» beantragt. «Neuartige Lebensmittel» sind in der EU Nahrungsmittel, die vor 1997 nicht in erheblichem Umfang konsumiert wurden.

Apropos Zukunftsvisionen: Ganz ohne Science-Fiction geht es nicht. So ist Solar Foods eine Kooperation mit der Europäischen Raumfahrtagentur ESA eingegangen, um über die Nahrungsmittelproduktion während einer bemannten Mars-Mission nachzudenken.

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