Corona-Massnahmen - Bundesrat droht mit Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz – Gewerkschaften sauer

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Corona-MassnahmenBundesrat droht mit Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz – Gewerkschaften sauer

Nun nimmt sich der Bundesrat den Arbeitsplatz vor. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen prüfen dürfen, ob die Angestellten ein Zertifikat haben. Das erzeuge Druck, sagt ein Arbeitsrechtsspezialist.

Darum gehts

  • Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen berechtigt sein, abzuklären, ob ihre Angestellten ein COVID-Zertifikat haben.

  • «Es darf nicht soweit kommen, dass auch Mitarbeitende im Backoffice ein Zertifikat vorweisen müssen», sagt ein Gewerkschafter.

  • Auch der Gewerbeverband ist skeptisch. «Mit einer solchen Verordnung könnte Arbeitnehmenden eine indirekte Impfpflicht drohen», sagt der Direktor.

  • Anderer Meinung ist der Arbeitgeberverband: Damit könnte ein weiterer Lockdown abgewendet werden.

Der Impfstatus der Mitarbeitenden ist für die meisten Chefinnen und Chefs Privatsache. Der Bundesrat will den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern aber nun mehr Spielraum geben. Das geht aus den neusten Vorschlägen hervor, die die Regierung den Kantonen in Konsultation schickt.

Der Einsatz des Zertifikats im Arbeitsbereich solle in der Verordnung geklärt werden, schlägt der Bundesrat vor. «Es soll explizit festgehalten werden, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber das Vorhandensein eines Zertifikats prüfen dürfen.» Voraussetzung dafür sei, dass dies dazu diene, angemessene Schutzmassnahmen oder das Testkonzept umzusetzen.

«Auf Arbeit sind wir alle angewiesen»

Gewerkschaften befürchten, dass dies Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern Tür und Tor für eine Zertifikatspflicht öffne. «Auf Arbeit sind wir alle angewiesen. Der Vorschlag übt einen Druck auf einen Bereich aus, in dem es keine Freiwilligkeit gibt», sagt Pierre Derivaz, Rechtsanwalt von Angestellte Schweiz.

Das Kriterium scheine dem Arbeitnehmerverband ausserdem zu breit gefasst. «Es darf nicht soweit kommen, dass auch Mitarbeitende im Backoffice ein Zertifikat vorweisen müssen.» Im Falle von Personal, das viel engen Kundenkontakt habe, sei eine Zertifikatspflicht dagegen eher vertretbar, solange die Ansteckungsgefahr dadurch reduziert werde. Auch kritisiert Derivaz, dass Ungeimpfte dazu gedrängt werden könnten, sensible Daten über ihren Gesundheitszustand preiszugeben.

Auch für Unia-Sprecher Serge Gnos ist die Medienmitteilung des Bundesrats «noch zu unklar formuliert». Entscheidend sei, dass Tests weiterhin zugänglich blieben. «Nicht zulässig wäre, wenn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dann plötzlich mit ihrem Weisungsrecht die Impfung für ihre Mitarbeitenden für obligatorisch erklären könnten.»

Indirekte Impfpflicht?

Der Vorschlag versetzt auch den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) in Unruhe. «Mit einer solchen Verordnung könnte Arbeitnehmenden eine indirekte Impfpflicht drohen», sagt Direktor Hans-Ulrich Bigler. Fraglich sei, wie unter diesen Umständen noch gearbeitet werden solle. «Personal, das sich nicht impfen lässt oder lassen kann, müsste dann ja zwangsläufig ins Homeoffice verbannt werden.»

Laut Bigler hätte dieses Vorgehen eine Reihe von negativen Konsequenzen. «Es gäbe Lohnausfälle und Probleme bei den Produktionsabläufen.»

Weiterer Lockdown könne abgewendet werden

Gut kommt das Vorhaben hingegen bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern an. Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) prüfe den Vorschlag, schreibt der SAV in einer Medienmitteilung.

«Ein Nachweis mittels eines COVID-Zertifikats würde es den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erlauben, grossflächig differenzierte Schutzkonzepte für Geimpfte und Ungeimpfte einzuführen», so der Verband. Mit diesem Vorgehen könnte ein weiterer Lockdown abgewendet werden, den die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unbedingt verhindern wollten.

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