Trotz Krieg: Diese Schweizer Firmen geschäften weiterhin mit Putin

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Trotz KriegDiese Schweizer Firmen geschäften weiterhin mit Putin

Nestlé, Credit Suisse, UBS – die Liste der in Russland aktiven Schweizer Unternehmen enthält prominente Namen. So erklären sie ihr Engagement im kriegstreibenden Land.

Darum gehts

Seit dem Krieg in der Ukraine stehen Firmen, die weiterhin in Russland tätig sind, im Shitstorm. In die Schusslinie kamen etwa die deutschen Unternehmen Ritter-Sport und Henkel. Zahlreiche Konsumenten und Konsumentinnen riefen zum Boykott der Marken auf, um die Firmen zum Umdenken zu bewegen.

Doch fast 1000 Firmen sind noch in Russland tätig, wie eine Liste der US-Elite-Uni Yale zeigt, auch Nestlé. Deshalb hagelts Proteste gegen den Lebensmittelkonzern. Ukrainische Regierungsvertreter werfen Nestlé vor, sich an den «Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine zu beteiligen». Der Aufschrei in den sozialen Medien ist riesig.

Nestlé erklärt das Engagement in Russland auf Anfrage damit, dass sich die Firma auf lebenswichtige Produkte wie Kleinkindnahrung konzentriere und nicht auf Gewinnerzielung. Etwaige Gewinne würden an humanitäre Organisationen gespendet.

OC Oerlikon will sich zurückziehen

Weiter in Russland tätig sind auch die Pharmariesen Novartis und Roche. Auch sie begründen das mit lebenswichtigen Produkten wie unentbehrlichen Medikamenten. Es gebe einen guten Grund, dass Medis von Sanktionen ausgenommen seien, sagt ein Sprecher von Roche auf Anfrage.

Doch auch Industriefirmen wie ABB und OC Oerlikon sind in Russland tätig. Laut einem ABB-Sprecher nimmt die Firma keine neuen Aufträge in Russland entgegen, muss aber bestehende Verträge erfüllen. OC Oerlikon ist laut einer Sprecherin dabei, sich von den russischen Aktivitäten zu trennen.

CS und UBS verringern Russland-Geschäft

Banken wie die UBS und die Credit Suisse sind ebenfalls noch im Land und werden auf Social Media dafür kritisiert. Auf Anfrage verweisen sie auf eine Verkleinerung ihres Russland-Geschäfts seit Kriegsanfang. Zur Kritik wollen sie sich nicht äussern.

Die Genfer Rohstofffirma Trafigura will den Ölkauf der russischen Firma Rosneft ab nächster Woche reduzieren, wie ein Sprecher sagt. Trafigura hält aber noch eine Minderheitsbeteiligung am Mega-Projekt Vostok Oil mit mehreren Ölfeldern. Die Firma prüfe nun ihre Optionen.

Schwurbeln verboten

Die Debatte um die Geschäfte in Russland sei hoch emotional, sagt Reputationsexpertin Clarissa Haller von der Dynamics Group. «Die Menschen in der Schweiz stellen hohe moralische Ansprüche an Firmen und erwarten, dass diese ethisch wirtschaften und eine Vorbildfunktion wahrnehmen», so Haller.

Bleibe eine Firma im Land aktiv, müsse sie gute Gründe dafür haben und diese klar kommunizieren. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Gesellschaft die Firma «moralisierend in eine Ecke stellt». Wichtig sei auch, dass Unternehmen «nicht schwurbeln» und die Situation in der Ukraine klar als Krieg benennen, so Haller.

In der emotionalen Diskussion zu Beginn des Krieges waren Firmen auf der besseren Seite, wenn sie sich zurückzogen, wie Marketing-Expertin Adrienne Suvada von der ZHAW sagt. Allerdings seien Firmen, die dem Druck standhalten, gerade wenn sie Medikamente oder ähnliche Produkte liefern, tendenziell längerfristig besser dran.

Image in Gefahr

Ein schlechtes Argument für eine Präsenz in Russland sind gute Umsätze, wie Marketing-Spezialistin Johanna Gollnhofer von der Universität St. Gallen sagt. Denn so stelle man den Gewinn über Menschenleben, was dem Image massiv schaden könne. Vor allem, wenn es mehrere Shitstorms hintereinander gebe.

Fraglich sei, ob Firmen damit durchkommen, wenn sie ihr Engagement wie Nestlé damit begründen, dass es sich um lebenswichtige Produkte handle. «Am Ende entscheiden die Konsumentinnen und Konsumenten darüber, ob das ein guter Grund ist oder nicht», sagt Gollnhofer. 

Aktive Schweizer Firmen in Russland

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