Koks, Cash, Morde – Credit Suisse im Drogenkrimi – darum steht die Bank vor Gericht

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Koks, Cash, MordeCredit Suisse im Drogenkrimi – darum steht die Bank vor Gericht

Die Grossbank habe für eine Drogenbande Geld gewaschen, so der Vorwurf. Eine Angestellte soll kofferweise Bargeld angenommen haben. In der Geschichte geht es auch um Auftragsmorde und tonnenweise Kokain.

Darum gehts

Die Credit Suisse (CS) kommt nicht zur Ruhe. Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório nahm gerade erst den Hut, nun steht die CS mitten in einem Drogenkrimi: Die Bank soll einer bulgarischen Drogenbande geholfen haben, rund 55 Millionen Franken zu waschen. Die CS muss sich deswegen vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten:

Warum muss die CS vor Gericht antraben?

Die Bundesanwaltschaft wirft der CS vor, Gelder angenommen zu haben, die eine bulgarische Bande mit dem Verkauf von Drogen erwirtschaftet hat. Die Gruppe rund um Evelin «Il Nonno» Banev habe Kokain aus Südamerika nach Europa geschmuggelt und auf dem Kontinent verkauft. Insgesamt seien so zwischen 2004 und 2007 rund 55 Millionen Franken auf Konten der CS gelandet. Angeklagt sind die Credit Suisse, zwei bulgarische Bandenmitglieder und eine ehemalige CS-Mitarbeiterin wegen Geldwäscherei. Die angeklagte Mitarbeiterin der CS betreute am Bulgarien-Desk die Kunden und Kundinnen der Bank.

Wie landete das Geld bei der CS?

Die Bande soll 43 der 55 Millionen bei CS deponiert haben, in Koffern voll mit Bargeld. Einige 50- und 100-Euro-Noten waren laut Zeitungen von Tamedia gefälscht. Die restlichen zwölf Millionen erhielt die Bank per Überweisung. Am 6. September 2004 ging eine Bareinzahlung von einer halben Million Euro ein. Der Kunde habe sie in Cash gebracht, um keine Spuren zu hinterlassen, schrieb eine Mitarbeiterin der Bank dazu.

Was wirft die Bundesanwaltschaft der Bank genau vor?

Die CS habe 84 Konten und acht Schliessfächer der Bande geführt, viele davon als Offshore-Firmen. Das Risikomanagement sei nicht adäquat gewesen. Die CS habe zudem ihre Kunden und Kundinnen und deren Transaktionen nicht gut überprüft und ihre Kundenberater und -beraterinnen zu wenig unterstützt, so die Bundesanwaltschaft.

Kokain, Bargeld, Geldwäsche - was ist sonst noch passiert?

Auch Banevs Kollege Konstantin Dichliev war Kunde von CS. Er wurde im Mai 2005 nach einem Bandenstreit erschossen. Einen Monat später gewährten elf Kadermitglieder der CS Banev ein Zehn-Millionen-Darlehen. Ein zweiter Mord geschah im April 2007. Dichlievs Mutter wurde kurz vor einer Aussage in einem Strafverfahren gegen Banev ermordet. Im Juni 2007 verlangte die Bundesanwaltschaft bei der CS Unterlagen von einigen Konten der Bande. Die CS unterliess es aber, eine Verdachtsmeldung wegen Geldwäscherei einzureichen.

Was sagt die Bank zu den Vorwürfen?

Die CS weise die Vorwürfe zurück und sei von der Unschuld ihrer ehemaligen Mitarbeiterin überzeugt, sagt die Bank laut Zeitungen von Tamedia. Sie spricht von einer «vergangenheitsbezogenen Angelegenheit» und kündigt an, ihre Position vor Gericht entschlossen zu verteidigen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Kommt es nun zur nächsten Millionenbusse?

Der CS droht eine Strafe von maximal fünf Millionen Franken. Zusätzlich verlangt die Bundesanwaltschaft eine Zahlung von über 42 Millionen Franken. «Die Bank kann diesen Betrag locker bezahlen», sagt der Finanzexperte Rino Borini von der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ). Beim Prozess gehe es aber vielleicht auch darum, ein Exempel zu statuieren. Da die Schweizer Bundesanwaltschaft erst einmal eine Bank vor Gericht gezerrt habe, sei der Fall aussergewöhnlich. Negative Auswirkungen auf den Schweizer Finanzplatz erwartet Borini allerdings keine.

Wie kann die CS weitere solche Probleme verhindern?

«Der Fisch stinkt von oben», antwortet Borini auf diese Frage. Die Bank habe unter dem früheren Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner seine Governance oftmals nicht im Griff gehabt. Eine saubere und ehrliche Geschäftsführung sei so nicht möglich gewesen. «Die Credit Suisse hat vorgezeigt, wie man es nicht machen sollte», sagt Borini. Das habe auch mit den hohen Boni zu tun, die vereinzelt zu Betrug verleiten würden.

Wie muss die Branche nun reagieren?

Borini rät, dass die Manager von Banken mehr Lohn in gesperrten Aktien erhalten. Das schaffe einen Anreiz, um unternehmerisch zu denken. Die Banken würden für nachhaltiges Anlegen werben – dabei sollten sie bei sich selbst anfangen, so Borini. Marc Chesney, Finanzprofessor an der Universität Zürich, rät den Banken, Menschen einzustellen, die «mit einer Million pro Jahr zufrieden sind» und nicht zehn Millionen Franken fordern. «Es wäre schön, wenn der Fall zu einem Umdenken in der Branche führt», sagt Chesney. «Aber ich glaube nicht daran.»

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