PandemieBeruhen Berechnungen für Shutdown auf falschen Annahmen?
Ein Gesundheitsökonom und Professor der Universität Luzern äussert in einem Bericht Kritik am Vorgehen der Covid-Taskforce des Bundesrats. Ein Rechtsgutachten von Gastrosuisse geht in die gleiche Richtung.
Darum gehts
Ein Experte stellt infrage, ob der Shutdown in der Schweiz verhältnismässig gewesen sei.
Die Taskforce des Bundesrats habe die Lebenserwartung «unplausibel hoch» angesetzt.
Schon ein Gutachten von Gastrosuisse kam zum Schluss, dass sich Betriebsschliessungen nicht rechtfertigen liessen, solange es keine Übersterblichkeit gebe.
In den letzten sieben Wochen wurde in der Schweiz eine Untersterblichkeit bei den über 65-Jährigen festgestellt.
Seit Mitte Februar sterben in der Altersgruppe von 65 Jahren und älter deutlich weniger Personen, als statistisch zu erwarten war. Es herrscht eine sogenannte Untersterblichkeit. Demnach starben bei den über 65-Jährigen in den letzten sieben Wochen, für welche Daten vorliegen, 1288 Menschen oder 15 Prozent weniger als erwartet. Das Bundesamt für Statistik sieht hauptsächlich zwei Erklärungen: Die Grippewelle ist diesen Winter ausgeblieben. Und ein Teil der Menschen, die in der zweiten Welle an Covid-19 gestorben sind, waren so alt und krank, dass ihr Leben nur um Wochen abgekürzt wurde.
Die zweite Erklärung stützt die Argumentation von Konstantin Beck, Gesundheitsökonom und Titularprofessor der Universität Luzern. Er kritisiert laut «SonntagsZeitung», dass die Berechnungen der Covid-Taskforce des Bundesrats, mit denen der Shutdown begründet wurde, auf falschen Annahmen beruhten. Die Taskforce hatte im Januar in einer gesamtwirtschaftlichen Güterabwägung festgestellt, dass der Nutzen eines Shutdowns dank der gewonnenen Lebensjahre die Kosten übersteigen würde. Konstantin Beck hält die Annahmen der Taskforce zur Lebenserwartung für «unplausibel hoch». Sie berücksichtigten nicht, dass mehr als die Hälfte der Covid-Todesfälle in Pflegeheimen anfallen. Dort beträgt die durchschnittliche Restlebenserwartung gemäss den Berechnungen von Beck jedoch nur noch 426 Tage. Das würde folglich auch den Nutzen des Shutdowns stark reduzieren.
In die gleiche Richtung zielt ein Rechtsgutachten, das Gastrosuisse in Auftrag gegeben und diese Woche veröffentlicht hat. Es bezweifelt die Rechtmässigkeit der vom Bundesrat festgelegten Kriterien und Richtwerte für den Shutdown und bemängelt vor allem das Fehlen eines Indikators für die Über- oder Untersterblichkeit nach Altersstufen. «Solange keine Übersterblichkeit vorhanden ist, rechtfertigen sich einschneidende Massnahmen wie Betriebsschliessungen kaum.»
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