Moderna-Vizepräsident – «Der Omikron-Booster kommt erst im Sommer»

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Moderna-Vizepräsident«Der Omikron-Booster kommt erst im Sommer»

Ein Jahr nach der Marktzulassung der Moderna-Impfung zieht Europachef Dan Staner Bilanz. Der Waadtländer über die Boosterimpfung, die Omikron-Variante und wie es für Moderna nach der Pandemie weitergeht.

Darum gehts

Die Schweiz hinkt beim Boostern hinterher. Kam die Empfehlung des Bundesrats zu spät?

Ich denke nicht, dass es zu spät war. Meiner Meinung nach war die Empfehlung richtig, dass zunächst die vulnerablen Personen eine Auffrischungsimpfung erhalten. Omikron ist erst seit kurzem ein Problem – auch weil unabhängige Tests zeigen, dass die ersten zwei Impfdosen nur ungenügend gut gegen die Variante schützen. Angesichts der Tatsache, dass Mitte Januar ein Grossteil der Neuinfektionen auf die Omikron-Variante zurückzuführen sein werden, halte ich die Auffrischungsimpfung für eine gute Empfehlung der Schweizer Regierung. Wer sich jetzt nicht boostern lässt, wird sich mit Omikron infizieren.

Wie gut wirkt der heute verfügbare Moderna-Impfstoff gegen Omikron?

Am Montag hat Moderna eigene vorläufige Booster-Daten bekannt gegeben. Der derzeit in Europa und der Schweiz zugelassene 50-Mikrogramm-Booster erhöht den Spiegel neutralisierender Antikörper gegen Omikron um das 37-Fache. Das ist eine substantielle Zunahme, die einen ausreichenden Schutz gegen Omikron bieten sollte. Wir haben auch eine Booster-Dosis von 100 Mikrogramm getestet, bei welchem sich der Spiegel neutralisierender Antikörper gar um das 83-Fache erhöht steigerte.

«Wer sich jetzt nicht boostern lässt, wird sich mit Omikron infizieren.»

Dan Staner

Und wie steht es um den speziell an Omikron angepassten Booster?

Es ist zu erwarten, dass die klinischen Studien anfangs 2022 beginnen. Mit einer Auslieferung des Impfstoffs ist voraussichtlich erst im Sommer 2022 – geschätzt zwischen Mai und Juni – zu rechnen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass wir uns in Zukunft alle paar Monate neu boostern müssen?

Schwer zu sagen. Wir verfolgen den epidemiologischen Verlauf weiterhin und testen, passen an und entwickeln unseren Impfstoff so weiter, dass er den bestmöglichen Schutz gegen das Virus und seine Mutationen bietet. Treten weitere Mutationen auf, werden wir unseren Impfstoff weiter anpassen und entwickeln.

Kann ich mich als geboosterte Person wieder «normal» verhalten?

Mit der dritten Auffrischungsdosis sollte das Niveau an neutralisierenden Antikörpern einen ausreichenden
Schutz gegen die Omikron-Variante bieten. Jedoch sollte man alle Massnahmen weiter aufrechterhalten, um eine weitere exponentielle Ausbreitung zu verhindern. Wir sind immer noch in der pandemischen Phase, die Fälle steigen vielerorts täglich an. Daher stehen wir alle in der Verantwortung, möglichst viele Barrieren aufzustellen, um das Infektionsgeschehen zu durchbrechen. Etwa die Maskenpflicht sollte also beibehalten werden.

Es gibt immer noch Personen, die sich nicht impfen lassen wollen. Können Sie deren Ängste und Zweifel nachvollziehen?

Wir leben in einer Demokratie – jeder ist frei, eine eigene Entscheidung zu treffen. Viele Regierungen sehen mit der Omikron-Variante aber eine Gefahr für das Gesundheitswesen und für die Wirtschaft – und natürlich stehen sie auch in der Verantwortung, die eigene Bevölkerung zu schützen. Letztendlich bin ich jedoch überzeugt, dass jeder selbst die Entscheidung treffen soll, sich zu impfen oder nicht.

Die Weltgesundheitsorganisation kritisiert, dass im Westen geboostert, der globale Süden aber aussen vor gelassen wird. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

Man kann den westlichen Ländern nicht verbieten, die eigene Bevölkerung zu schützen. Seit einem Jahr haben wir aber unser Patent zur Verfügung gestellt und publik gemacht, dass wir unsere Rechte an geistigem Eigentum während der Pandemiephase nicht durchsetzen werden. Die Bereitstellung unseres Patents und die Möglichkeit, unseren Impfstoff in industriellen Mengen herzustellen, sind aber zwei sehr unterschiedliche Dinge.

Ein guter Teil der 2022 hergestellten Impfdosen wird im globalen Süden eingesetzt. Es ist also wichtig, dass man also sowohl im Norden als auch im Süden impft, um weitere Mutationen möglichst zu verhindern.

«Die Impfung von Kindern ist keine leichte Entscheidung, das ist mir klar.»

Dan Staner

Das Gesuch für die Kinderimpfung von Moderna ist noch hängig. Würden Sie Ihre Kinder impfen lassen?

Hätte ich kleine Kinder, würde ich die Entscheidung gemeinsam mit meiner Frau und dem Kinderarzt treffen. Dabei spielt eine wichtige Rolle, ob Eltern, Grosseltern und andere Familienmitglieder geimpft oder gefährdet sind und in engem Kontakt mit den Kindern stehen. Solange die anfälligeren Familienmitglieder durch eine eigene Impfung geschützt sind, sollte man auf der sicheren Seite sein. Die Impfung kleiner Kinder ist natürlich keine leichte Entscheidung, das ist mir klar.

Wie geht es für Moderna nach der Pandemie weiter?

Unsere Vision ist es, in zwei bis drei Jahren einen jährlich verfügbaren Kombinationsimpfstoff gegen Atemwegserkrankungen zu produzieren, der gegen die saisonale Grippe, die neueste bedenkliche Covid-19-Variante und das RSV-Virus schützt.

Eine Impfung pro Jahr würde dann ausreichen, um alle drei Viren abzudecken. Wir entwickeln auch
mRNA-Impfstoffe gegen andere Krankheiten – etwa Krebs, HIV oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass eine Reihe dieser Bemühungen in den kommenden Jahren erfolgreich sein werden.

Hast du oder hat jemand, den du kennst, Mühe mit der Coronazeit?

Hier findest du Hilfe:

BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00

BAG-Infoline Covid-19-Impfung, Tel. 058 377 88 92

Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona

Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen

Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

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