Zürcher Bezirksgericht: «Jemand sollte dich zerstückeln» – Beschimpfung kostet Zürcher 1800 Franken

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Zürcher Bezirksgericht«Jemand sollte dich zerstückeln» – Beschimpfung kostet Zürcher 1800 Franken

Ein Student hat im Oktober 2021 die deutsche Politikerin Annalena Baerbock per E-Mail aufs Übelste beschimpft. Am Freitag musste er sich vor dem Zürcher Bezirksgericht verantworten.

Darum gehts

  • Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock schaltete die Behörden ein, nachdem sie eine bedrohliche E-Mail eines Zürchers erhalten hatte.

  • Diese konnten den Absender eruieren: einen 39-jährigen Studenten. 

  • Per Strafbefehl wurde er bereits im Juni 2022 wegen Beschimpfung verurteilt.

  • Weil er den Strafbefehl anficht, stand er am Freitag vor dem Zürcher Bezirksgericht.

  • Das Gericht verurteilte ihn zu einer unbedingten Geldstrafe von 1800 Franken.

Die Mail wurde unter dem Nicknamen «Papierlischwizer» abgeschickt. Der Verfasser war ein in Moskau geborener 39-jähriger Student, der in Zürich lebt. Er schrieb der damaligen Vorsitzenden des Bündnisses 90/Die Grünen: «Jemand sollte dich zerstückeln, du dumme N*tte.» Die Politikerin, die zwei Monate später als erste Frau deutsche Aussenministerin wurde, schaltete die Staatsanwaltschaft in Berlin ein. Diese gelangte an die Schweizer Behörden, die den Hassmailabsender rasch eruieren konnten.

Der Mann wurde schliesslich im Juni 2022 von der Zürcher Staatsanwaltschaft per Strafbefehl wegen Beschimpfung zu einer unbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken (1800 Franken) verurteilt. Zudem muss er für die Verfahrenskosten von 800 Franken aufkommen. Die Staatsanwältin schrieb, dass «die Geschädigte in ihrer Ehre verletzt wurde, was der Beschuldigte beabsichtigte, zumindest aber billigend in Kauf nahm». Doch weil der betreffende Student den Strafbefehl anficht, steht er am Freitag vor dem Zürcher Bezirksgericht.

«Von Baerbock verletzt worden»

An der Verhandlung vor dem Einzelrichter zeigte sich der Mann geständig. «Ich bin von Annalena Baerbock verletzt worden», begründete der schweizerisch-russische Doppelbürger die Hassmail. Ihre Politik sei «eine Kriegshetze gegen Russland» gewesen. «Ich wollte ein Statement setzen.» Es sei keine Beschimpfung, sondern eine Reaktion auf die «Ehrverletzung» von Baerbock gewesen. Früher habe man solche Politikerinnen und Politiker «geköpft» – damit erklärte er die Formulierung «zerstückeln». Der 39-Jährige kritisierte während der Befragung den Westen, welcher Russland ein «korruptes System nenne», und sprach über den Krieg in der Ukraine. 

Der Mann ist dreifach vorbestraft, unter anderem wegen Drohung, versuchten Diebstahls, einfacher Körperverletzung und weiterer Delikte und hat eine dreijährige Freiheitsstrafe abgesessen. Er ist geschieden, Vater eine Tochter und erhält demnächst aus psychischen Gründen eine IV-Rente. Er hat die Matura gemacht und etliche Studien begonnen, aber keines abgeschlossen. Zu Beginn der Verhandlung verlangte er den Ausschluss der Medien, da er sich unwohl fühle. Dies lehnte der Einzelrichter aber ab.

Das Bezirksgericht verurteilte den 39-Jährigen am Freitag wegen Beschimpfung zu einer unbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken (1800 Franken). Dazu kommen Untersuchungs- und Gerichtskosten von 2000 Franken. «Die E-Mail ist keine sachliche oder politische Auseinandersetzung mit der Politikerin, sondern ein reines Werturteil», begründete der Einzelrichter. Der Beschuldigte habe den Inhalt der E-Mail nicht plausibel darstellen können, die Begründung sei nicht nachvollziehbar. «Sie versuchen, den Inhalt mit einer historischen Abhandlung zu erklären, das geht nicht», so der Richter. Die Politikerin sei damit ganz klar in ihrer Ehre angegriffen worden.

Kein Einzelfall

Diese Hassmail gegen die Aussenministerin ist kein Einzelfall. Die deutsche Zeitung «Bild» zitiert eine Studie der Betroffenenorganisation Hateaid aus dem Jahr 2021, die zeigt, dass Annalena Baerbock während ihres Wahlkampfes 5524 Tweets «mit potenziell beleidigender und verletzender Sprache» erhalten hat.  

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