Volksinitiativen: Wohnadressen von Initianten sollen geheim bleiben

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Wegen BedrohungenWohnadressen von Initianten sollen künftig geheim bleiben

Bei Volksinitiativen werden die Wohnadressen der Initianten veröffentlicht. Daran stört sich Jacqueline Badran – es komme immer häufiger zu Drohungen. Mitte April entscheidet der Nationalrat über eine entsprechende Motion.

Darum gehts

  • Bei Volksinitiativen werden bisher immer die Adressen der Initianten veröffentlicht. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran will diese Regelung abschaffen.

  • In der Praxis werde auf Wunsch auch eine Postfach- oder Büroadresse akzeptiert, erklärt dagegen der Bundesrat.

  • Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte sieht deshalb keinen akuten Handlungsbedarf, schlägt aber eine Präzisierung der rechtlichen Grundlagen vor.

«Immer häufiger werden Parlamentsmitglieder und Personen des öffentlichen Lebens bedroht», schreibt SP-Nationalrätin Jacqueline Badran in der Begründung zu ihrem Vorstoss, über den der Nationalrat Mitte April während der Sondersession entscheidet. Sie fordert, dass Parlamentsmitglieder, die im Komitee einer Volksinitiative sind, ihre Wohnadresse künftig nicht mehr preisgeben müssen.

Bislang müssen gemäss Verordnung auf jeder Unterschriftenliste Namen und Adressen der Urheber einer Volksinitiative stehen. Zudem werden diese Angaben im Bundesblatt veröffentlicht. So soll sichergestellt werden, dass die Initianten zweifelsfrei identifiziert werden können.

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Diese Regelung sei «veraltet und unnötig», findet Badran. Es würde auch das Geburtsdatum und allenfalls der Wohnort – nicht aber die genaue Adresse – reichen, um die Unverwechselbarkeit einer Person sicherzustellen. «Wird die Adressangabe-Pflicht nicht aufgehoben, bedeutet dies, dass Parlamentsmitglieder und sonstige Personen des öffentlichen Lebens, die potentiell in ihrem Zuhause bedroht werden, von der Teilnahme in Volksinitiativ-Komitees ausgeschlossen sind», schreibt die SP-Frau, die selbst in Zürich wohnhaft ist.

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Bundeskanzlei lässt auch Postfach- oder Büroadressen zu

Offenbar wird in der Praxis aber gar nicht zwangsläufig eine Wohnadresse veröffentlicht, wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme schreibt. Zwar entspreche die aufgeführte Adresse «in aller Regel» dem politischen Wohnsitz, die Bundeskanzlei habe in der Vergangenheit auf ein «formloses Gesuch» hin aber auch stets akzeptiert, wenn eine Büroadresse oder ein Postfach angegeben wurde. Vereinzelt hätten Komiteemitglieder nämlich mitgeteilt, dass sie wiederholt Bedrohungen oder Belästigungen ausgesetzt gewesen seien.

Obwohl sich diese Praxis bewährt habe, sei der Bundesrat bereit, diese wie auch die gesetzliche Regelung zu prüfen. Trotzdem lehnt er die Motion ab, da sie zu «Ungleichbehandlungen und Abgrenzungsproblemen» führen würde.

Datenschutzbeauftragter schlägt Präzisierung der Rechtsgrundlagen vor

Adrian Lobsiger ist Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter. Er sieht in den Rechtsgrundlagen zu Volksinitiativen kein akutes Problem, solange in der Praxis stets eine Lösung gefunden wird, sodass Initianten ihre Wohnadresse nicht veröffentlichen müssen.

Adrian Lobsiger ist Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter. Er sieht in den Rechtsgrundlagen zu Volksinitiativen kein akutes Problem, solange in der Praxis stets eine Lösung gefunden wird, sodass Initianten ihre Wohnadresse nicht veröffentlichen müssen.

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Adrian Lobsiger, Datenschutzbeauftragter des Bundes, bestätigt auf Anfrage von 20 Minuten die Auffassung, dass es keinen unmittelbaren Handlungsbedarf für eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen gebe, «solange in Zusammenarbeit mit den betroffenen Komiteemitgliedern stets eine Lösung gefunden werden kann, die eine zweifelsfreie Identifikation des Komiteemitglieds erlaubt, ohne dass die Wohnadresse veröffentlicht werden muss».

«Es wäre aus unserer Sicht aber angezeigt, die Gelegenheit einer zukünftigen Revision oder Teilrevision der entsprechenden Rechtsgrundlagen für eine Präzisierung im Sinne der erwähnten Praxis der Bundeskanzlei zu nutzen», so Lobsiger.

SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi war selbst auch schon Teil mehrerer Initiativkomitees. «Man kennt mich im Kanton Zug und es ist kein Geheimnis, an welcher Adresse ich wohne», sagt er. Sollte jemand, weil er oder sie sich bedroht fühle, seine Adresse nicht veröffentlichen wollen, gebe es bereits heute unbürokratische Lösungen. «Deshalb ist die Motion überflüssig», findet Aeschi.

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