Albert Rösti erklärt Ja zum Mantelerlass – und kritisiert die SVP

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Mantelerlass«Das ist falsch!» – Rösti liest der SVP-Spitze die Strom-Leviten

Energieminister Albert Rösti kämpft vehement für das neue Stromgesetz – und damit gegen seine eigene Parteileitung. Im Interview erklärt der SVP-Bundesrat, warum die Schweiz mehr Strom brauche.

Darum gehts

  • Am 9. Juni entscheidet die Stimmbevölkerung über den Mantelerlass beziehungsweise das neue Stromgesetz.

  • Bundesrat Albert Rösti weibelt im 20-Minuten-Interview für ein Ja zur grossen Energievorlage.

  • Damit will er die Stromproduktion in der Schweiz mit Wind-, Wasser- und Sonnenenergie fördern.

20 Minuten: Herr Rösti, 65 Prozent unterstützen mit Ihnen das Stromgesetz. Sind Sie überrascht?

Albert Rösti: Ich bin zufrieden. Denn die Kampagnen haben noch kaum gestartet, wir wissen nicht, was die Gegner genau machen werden. Die hohe Zustimmung zeigt aber, dass es unbestritten ist, dass wir mehr Strom brauchen.

Die einzigen Wähler, die Ihre Vorlage ablehnen, sind jene Ihrer SVP. Mit welchem Argument wollen Sie diese überzeugen?

Hier siehst du das gesamte Interview mit Bundesrat Albert Rösti zum Mantelerlass und der Rolle seiner Partei.

20min/Matthias Spicher

Es werden immer mehr Elektroautos gekauft und mehr Wärmepumpen eingebaut. Deshalb brauchen wir mehr Strom. Doch noch immer droht uns je nach Entwicklung eine Mangellage, es ist nicht selbstverständlich, dass wir einfach Energie importieren können. Diese Argumente überzeugten die Delegierten der Berner SVP. Sie stimmten dem Mantelerlass diese Woche deutlich zu.

Die nationale SVP sagt aber Nein. Mittlerweile ist auch klar, warum Martullo-Blocher und Co. eine Kehrtwende gemacht haben: Sie fürchten, dass es spätestens mit dem Beschleunigungserlass keine Mitsprache der Gemeinden mehr gibt. Stimmt das nicht?

Beim Mantelerlass haben Albert Rösti und SVP-Vize Magdalena Martullo-Blocher das Heu nicht auf der gleichen Bühne.

Beim Mantelerlass haben Albert Rösti und SVP-Vize Magdalena Martullo-Blocher das Heu nicht auf der gleichen Bühne.

20min/Matthias Spicher

Nein, das ist ganz klar falsch. Das Nein-Lager verbreitet diese Botschaft fälschlicherweise. Mit diesem Gesetz bleiben die Verfahren unverändert und Kantone und Gemeinden werden weiterhin selbst entscheiden, ob sie Solar- oder Windprojekte auf ihrem Gebiet wollen. Wenn sich ein Dorf wehrt, werden keine Windräder dort zu stehen kommen.

Die SVP warnt vor «Monsterwindrädern», welche die Landschaft verschandeln würden. Wie viele Windräder sind geplant?

«Ich gehe davon aus, dass bis 2035 150 bis 200 neue Windräder gebaut werden müssen.»

Energieminister Albert Rösti

Mir geht es primär darum, das Risiko einer Mangellage zu reduzieren. Dazu brauchen wir rund sechs Terawattstunden mehr Strom, das ist nicht eine riesige Menge. Ich gehe davon aus, dass bis 2035 150 bis 200 neue Windräder gebaut werden müssen. Damit hätten wir gemeinsam mit der Wasserkraft und alpinen Solaranlagen genug Strom für den Winter.

Ist der Zubau wirklich nötig? Neuste Zahlen zeigen: Der Stromverbrauch ist 2023 gesunken und so tief wie seit 2004 nicht mehr. Da geht etwas nicht auf …

Doch, natürlich! Wir hatten einen sehr warmen Winter, das macht viel aus. Dazu kommen auch Effizienzsteigerungen bei neuen Geräten, die weniger Strom brauchen. Aber nach wie vor basieren 60 Prozent der Energie auf fossilen Trägern wie Benzin und Öl. Um diesen Anteil zu reduzieren, wird der Strombedarf in den nächsten Jahrzehnten massiv steigen.

Wird der Strom nach einem Ja für mich als Konsument teurer? Davor warnt auch die SVP.

Was sagst du zum neuen Stromgesetz?

Nein. Das Gesetz hat keinen direkten Einfluss auf den Strompreis. Dieser richtet sich nach den internationalen Märkten. Verwerfungen werden aber sogar geglättet. Denn der Mantelerlass verpflichtet die Stromproduzenten, den Einkauf in unterschiedlichen Perioden zu tätigen. Auch künftig kann der Preis aber aufgrund internationaler Entwicklungen sinken oder steigen.

Wäre es nicht die günstigste und sauberste Variante, auf neue AKW zu setzen, wie das die Blackout-Initiative verlangt?

«Wir werden sehen, was in Bezug auf die Kernkraft möglich ist», sagt Rösti im Interview mit 20-Minuten-Politikchef Christof Vuille.

«Wir werden sehen, was in Bezug auf die Kernkraft möglich ist», sagt Rösti im Interview mit 20-Minuten-Politikchef Christof Vuille.

20min/Shanice Bösige

Wir werden diese Diskussion im Rahmen der Initiative intensiv führen müssen. Wir werden sehen, was in Bezug auf die Kernkraft möglich ist. Im nächsten Jahrzehnt werden wir von einem neuen AKW aber keine einzige Kilowattstunde erhalten. Das wäre politisch und technisch nicht umsetzbar.

Der Schweizer EGMR-Richter Andreas Zünd sagt, die Schweiz müsse nach dem Klimaurteil ihre Politik umstellen. Hatten Sie Kontakt mit ihm?

Nein, er hat sich nicht gemeldet. Für mich ist aber ohnehin massgebend, was die Schweizer Bevölkerung an der Urne entschieden hat. Das CO2-Gesetz mit höheren Steuern und Abgaben wurde abgelehnt, das Klimagesetz, welches auf Anreizen basiert, wurde deutlich angenommen. Die von den Richtern geforderte Zielsetzung existiert bereits – bis 2050 wollen wir aus den fossilen Energien aussteigen.

Sie planen also keine Änderungen an Ihrer Klimapolitik?

Die Strassburger Richter, zu denen auch der Schweizer Andreas Zünd gehört, haben die Schweiz gerüffelt, weil sie zu wenig gegen den Klimawandel unternehme.

Die Strassburger Richter, zu denen auch der Schweizer Andreas Zünd gehört, haben die Schweiz gerüffelt, weil sie zu wenig gegen den Klimawandel unternehme.

20min/Michael Scherrer

Natürlich werden wir das Urteil im Detail analysieren und zu gegebener Zeit dazu Stellung nehmen.

Bald wird es Sommer und womöglich wieder sehr heiss und trocken. Freuen Sie sich darauf oder bereitet Ihnen das Sorgen?

Er sollte nicht zu lange zu heiss sein. Das wäre schlecht für die Landwirtschaft und auch Menschen mit hohem Blutdruck leiden darunter. Persönlich hoffe ich auf einen schönen Sommer – schliesslich hat es nun wirklich genug geregnet in den letzten Wochen.

Kurz zu einem anderen Thema: Als Medienminister wollten Sie die SRG-Gebühren von 335 auf 300 Franken senken, die Parlamentskommissionen sind klar dagegen. Werden Sie den Plan durchziehen?

Geht es nach dem Willen von Bundesrat Rösti sollen die Serafe-Gebühren auf 300 Franken sinken – Parlamentarier wehren sich aber dagegen.

Geht es nach dem Willen von Bundesrat Rösti sollen die Serafe-Gebühren auf 300 Franken sinken – Parlamentarier wehren sich aber dagegen.

20min/Marco Zangger

Das ist Stand heute noch offen. Die Rückmeldungen aus den Kommissionen sind nur ein Bestandteil aus der laufenden Vernehmlassung, bei der viele andere Akteure Stellung genommen haben. Wir werden das nun auswerten und im Bundesrat noch vor den Sommerferien einen Entscheid treffen.

Im jüngsten Bundesrats-Ranking landeten sie mit einer Schulnote von 4,0 auf Platz 2. Sind Sie zufrieden damit? Und: Was macht der «Neue» Beat Jans so gut?

In der Schule war ich mit einem Vierer nicht glücklich. (lacht) Aber natürlich habe ich mich gefreut. Als Bundesrat weiss ich aber auch, dass jeder Tag bei null anfängt und sich solche Bewertungen rasch verändern können. Selbstverständlich mag ich auch meinen Kollegen eine tolle Beurteilung gönnen.

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