Anwohner protestieren gegen neue Tourismus-Gebühr in Venedig

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Gegen Touri-Fluten«Fast ganze Stadt dagegen»: Venezianer laufen gegen Gebühr Sturm

Eine neue Gebühr soll die Tourismusströme in die Lagunenstadt reduzieren. Viele Anwohner sind jedoch gegen die Massnahme und tun dies bereits am ersten Tag der Steuer kund.

Darum gehts

  • Venedig verlangt neu eine Eintrittsgebühr an gewissen Tagen.

  • Die Massnahme soll den Massentourismus reduzieren.

  • Die Gegner argumentieren, die Gebühr verstosse gegen den Grundsatz der Freizügigkeit und trage nicht dazu bei, den Übertourismus sinnvoll zu bekämpfen.

Als erste Stadt der Welt verlangt Venedig von Tagesbesuchern nun Eintritt. Die Gebühr von fünf Euro (knapp 4.90 Franken), die am Donnerstag in Kraft tritt, soll das Unesco-Weltkulturerbe vor den Auswirkungen des übermässigen Tourismus schützen, indem sie Tagesausflügler abschreckt und die Stadt nach den Worten von Bürgermeister Luigi Brugnaro wieder «lebenswert» macht. Mit etwa 15 Millionen Gästen pro Jahr gehört die italienische Lagunenstadt zu den meistbesuchten Reisezielen der Welt.

Einwohner protestieren gegen Gebühr

Doch die neue Massnahme ruft auch zahlreiche Gegnerinnen und Gegner auf den Plan. Mehrere Anwohnerausschüsse und -vereinigungen haben für Donnerstag Proteste geplant und argumentieren, dass die Gebühr nichts zur Lösung des Problems beitragen wird, wie der «Guardian» berichtet. Den venezianischen Behörden wird vorgeworfen, die berühmte Lagunenstadt in einen «Themenpark» zu verwandeln. Laut den Gegnern verstösst die Gebühr gegen den Grundsatz der Freizügigkeit und trägt nicht dazu bei, den Übertourismus sinnvoll zu bekämpfen.

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«Ich kann Ihnen sagen, dass fast die gesamte Stadt dagegen ist», behauptet Matteo Secchi, der Leiter von Venessia.com, einer Aktivistengruppe von Anwohnern. «Man kann keine Eintrittsgebühr für eine Stadt erheben; alles, was sie tun, ist, sie in einen Themenpark zu verwandeln. Das ist ein schlechtes Image für Venedig ... Ich meine, machen wir Witze?»

«Venedig steht nicht zum Verkauf»

Auch am Bahnhof Santa Lucia demonstrierten am Donnerstag rund 300 Menschen mit Plakaten wie «Venedig steht nicht zum Verkauf» oder «Nein zum Ticket». Marina Dodino vom Anwohnerverband Arci kritisierte die Abgabe: «Das ist hier kein Museum und kein Umweltschutzgebiet, dafür sollte man nicht zahlen müssen – es ist eine Stadt!»

Chaos zu Beginn

Die Einführung einer Eintrittsgebühr für Venedig hat zum Auftakt für einigermassen Chaos gesorgt. Rund um den Bahnhof irrten Touristen nach der Ankunft vom Festland mit Rucksack und Rollkoffer umher, ohne zu wissen, ob sie die fünf Euro nun zahlen müssen oder nicht.

Zum Start hatten die städtischen Behörden Infostände aufgestellt, an denen die Ankömmlinge vom Festland empfangen wurden. Immer wieder gab es dort Nachfragen, wer jetzt bezahlen muss und wie das geschieht. Grundsätzlich gilt, dass für alle Tagesgäste in der Zeit zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr fünf Euro fällig werden. Dazu soll man sich übers Internet einen QR-Code besorgen und aufs Handy laden. Andernfalls können bis zu 300 Euro Strafe fällig werden. Bürgermeister Luigi Brugnaro versprach zum Auftakt jedoch «sehr sanfte Kontrollen».

Nach Angaben der Verwaltung meldeten allein für Donnerstag mehr als 113'000 Menschen ihren Aufenthalt an. Davon zahlten allerdings nur 15'700 tatsächlich Eintritt. Bei allen anderen handele es sich um Einheimische, Übernachtungsgäste oder andere Besucher, für die es Ausnahmeregelungen gibt, hiess es. Dazu gehören beispielsweise Pendler, Studenten und Kinder unter 14 Jahren. Übernachtungsgäste brauchen ebenfalls einen QR-Code, bekommen den aber vom Hotel oder Vermieter umsonst. (DPA)

Bis zum späten Donnerstagvormittag wurden rund 13'000 Tagestickets verkauft, wie die Stadtverwaltung mitteilte. Die Tagesgebühr wird zunächst probeweise eingeführt. Im laufenden Jahr wurden insgesamt 29 Tage festgesetzt, an denen das Eintrittsgeld fällig wird. Ausgewählt wurden traditionell besonders besucherstarke Tage, darunter vor allem die Wochenenden zwischen Mai und August.

Druck von Unesco

Mit der Einführung der Tagesgebühr reagiert Venedig auch auf den Druck der UN-Kulturorganisation Unesco, die die auf mehr als hundert Inselchen errichtete Stadt sowie die dazugehörige Lagune 1987 zum Weltkulturerbe erklärt hatte. Im vergangenen Jahr drohte die UN-Organisation damit, Venedig als «gefährdetes» Welterbe einzustufen – unter anderem wegen «unzureichender Schutzmassnahmen» mit Blick auf den Massentourismus.

Mit Material von DPA und AFP

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