Schweizer Bauern seien verwöhnte Schmarotzer

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Bauernproteste«Verwöhnte Schmarotzer»? Bauern erklären, wieso sie protestieren

Während die Protestbewegung immer weiter wächst, erachtet ein Grossteil der 20-Minuten-Community die Bauern als «Jömmeris». Ein Bauer und Vertreter aus Wirtschaft und Politik relativieren.

Darum gehts

  • Die Bauernproteste in der Schweiz weiten sich immer weiter aus.

  • Diese sieht die 20-Minuten-Community kritisch.

  • Schweizer Bauern hätten keinen Grund zu lamentieren, lautet der Tenor.

  • Ein Bauer sowie Vertreter aus Wirtschaft und Politik relativieren.

Das ist passiert

Anfänglich nur in Deutschland und Frankreich gibt es seit ein paar Wochen auch Bauernproteste in der Schweiz. Diese nehmen immer grössere Ausmasse an. Höhepunkt waren vergangenes Wochenende die Mahnwachen im Kanton Bern und Fribourg mit über tausend Bauern und 420 Traktoren.

Haben sich die Bauern bisher jeweils über private Gruppen auf Social Media untereinander mobilisiert, ruft nun auch der Zürcher Bauernverband für eine Kundgebung am Freitagabend auf. Alle Kundgebungen sind im Gegensatz zum Ausland friedlich in Absprache mit der Polizei und ohne Verkehrsbehinderungen abgelaufen.

Das fordern die Bauern

Eine kürzlich gestartete Petition des Bauernverbands fordert einen Abbau der Bürokratie und der Auflagen im Umweltbereich, eine Erhöhung der Produzentenpreise, keine Kürzungen der Direktzahlungen und mehr Anerkennung. Die Online-Petition hat bis am Freitagabend 66’000 Unterschriften. 

Das sagt die 20-Minuten-Community

In den Kommentarspalten hat die Mehrheit kein Verständnis für die Proteste und Forderungen. Die Bauern seien verwöhnte Schmarotzer und sollten aufhören zu jammern. Niemand bekomme mehr Subventionen als ein Schweizer Landwirt, lautet der Tenor. Ein User meint beispielsweise: «Unsere Bauern haben dank der Lobby in Bundesbern sowieso bereits zu viel Macht, und jetzt fordern sie noch mehr. Es ist kein Vergleich zur EU!»

Das sagt ein Bauer

Stefan Krähenbühl auf seinem Biohof am Murtensee in der Gemeinde Greng FR.

Stefan Krähenbühl auf seinem Biohof am Murtensee in der Gemeinde Greng FR.

Privat

Nach Stefan Krähenbühl, Bio-Bauer aus Greng FR, verwechsle die Bevölkerung immer noch Subventionen mit Direktzahlungen: «Als Bio-Bauer bekomme ich zwölf Prozent meines Umsatzes direkt vom Staat, der Rest kommt aus dem Verkauf meiner Produkte. Direktzahlungen sind keine Geschenke, sondern Ausgleichszahlungen für die Auflagen, die wir erfüllen, um so zu produzieren, wie es von Politik und Gesellschaft erwartet wird.»

Während die Bauern immer weniger von den Abnehmern für ihre Produkte erhielten und zusätzlich die Produktionskosten auf den Höfen weiter stiegen, seien die Auflagen des Bundes immer schwieriger einzuhalten: «Die Auflagen führen zu Mehrkosten wie der Anschaffung von Hackgeräten für die Unkrautbekämpfung. Wenn wir diese Auflagen nicht einhalten können, bekommen wir automatisch weniger Direktzahlungen», so der Bio-Bauer.

Das sagt ein Ökonom

Rudolf Minsch ist Chefökonom bei Economiesuisse.

Rudolf Minsch ist Chefökonom bei Economiesuisse.

Economiesuisse

«Die Vertreter aus Bundesbern haben in den letzten Jahren meistens zugunsten der Bauern entschieden», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse. Schweizern Bauern würden durch umfangreiche Direktzahlungen vom Steuerzahler unterstützt und hätten gegenüber den Bauern im Ausland einen viel stärkeren Grenzschutz: «Wegen der Protestwelle im Ausland nutzen Schweizer Bauern offenbar die Gunst der Stunde, um auf sich aufmerksam zu machen.»

Die Forderungen nach fairen Produzentenpreisen könne Minsch aber teilweise nachvollziehen: «Der Schweizer Detailhandel ist so konzentriert wie in keinem anderen europäischen Land. Die zwei Grossen, Coop und Migros, haben immer noch einen überragenden Marktanteil.» Es sei verständlich, dass die Bauern dieser Marktmacht entgegenwirken wollen.

Das sagt ein Politiker

Kilian Baumann ist Nationalrat der Grünen und Präsident der Kleinbauern.

Kilian Baumann ist Nationalrat der Grünen und Präsident der Kleinbauern.

Tamedia AG

Grünen-Nationalrat Kilian Baumann unterstützt die Proteste als Präsident der Kleinbauern seit Beginn. Nach ihm müsse man aber auch differenzieren: «Statt die Direktzahlungen, die zu Lasten des Steuerzahlers fallen, zu erhöhen, wäre es besser, wenn die Bauern mehr von den Abnehmern erhalten würden.» Auch ein Abbau der Bürokratie unterstützt er, sofern nicht die Umwelt darunter leide: «Diese zu schützen ist ja der eigentliche Sinn der Auflagen.»

Bekommen die Schweizer Bauern zu viel Geld?

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